Wien - Vernichtend fällt das Urteil der Grünen über die bisherige Ausländerpolitik der rot-schwarzen Regierung und über Innenminister Günther Platter aus. Die Regierung habe bisher in Sachen Migration, Einwanderung und Integration eine "echte Nullnummer" geliefert, sie habe in diesem Bereich "Ignoranz zum politischen Stilmittel" entwickelt, bemängelte Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Dem Minister hielten Stoisits und die Wiener Grüne Alev Korun vor, fachlich "völlig ahnungslos" zu sein.

Platter versucht zu "übertünchen"

Platter versuche, das zu "übertünchen" und mit "pauschalen Law- and Order-Sprüchen eine Kenntnis vorzutäuschen, die er nicht hat", sagte Korun. Weder das Regierungsprogramm noch Platter würden sich mit der wichtigen Zukunftsfrage der Migrationspolitik beschäftigen, beklagte Stoistis. Von Platter sei in den sechs Wochen, seit er im Amt ist, keine einzige inhaltliche Ansage gekommen.

Stoisits glaubt zwar, dass es in den Regierungsparteien einige Politiker gibt, die das Problem erkennen. Aber die Regierungslinie sei "Ignoranz". Und die vor der Wahl noch durchaus ambitionierte SPÖ habe sich aber offenbar von der ÖVP "über den Tisch ziehen lassen oder sie hat kein Interesse mehr", konstatierte Korun.

Das einzige, was vom zuständigen Minister Platter komme, sei, dass er die bisherigen Erfolge fortführen und zwei Zahlen (Zuwanderungsgenehmigungen und Asylanträge) weiter verbessern wolle. Dabei liefere er mit seinen Angaben über einen angeblichen Rückgang der Zuwanderung um 62 Prozent im Vorjahr eine "irreführende Darstellung". Denn sie betreffe nur die Erstbewilligungen im Quotenbereich. Der Rückgang sei auch darauf zurückzuführen, dass der Rückstau in der Bearbeitung der Anträge wieder angewachsen sei.

Außerdem seien hier z.B. Fachkräfte oder Saisonniers, die außerhalb der Quote nach Österreich geholt werden, nicht eingerechnet, betonte Stoisits. Rund 64.810 Bewilligungen für kurzfristige Beschäftigung seien 2006 erteilt worden. Dies sei eine "Zuwanderung durch die Hintertür ohne Integrationsmaßnahmen". Die SPÖ-geführte Regierung setzte diese Praxis fort - obwohl sich die SPÖ im Wahlkampf scharf dagegen ausgesprochen habe. Und jetzt gebe es nichts anderes als der "Relaunch des Gastarbeiterprogrammes", kritisierte Korun.

"Große Herausforderung" Integrationspolitik wird nicht angenommen

Die "große Herausforderung" Integrationspolitik - wo es in Österreich ohnehin einen jahrzehntelangen Rückstau gebe - nehme auch die neue Regierung nicht an. Korun forderte einen "Integrations-Masterplan" mit klaren Zielen und Maßnahmen zumindest für die nächsten fünf Jahre und der Niederlassungsbegleitung als "Herzstück".

Stoisits kritisierte auch Platters Ansage, dass es im Vorjahr 40 Prozent weniger Asylanträge gab und er die Lage "weiter verbessern" wolle, scharf. Hier gehe es um die "ganz sensible Materie des Umgangs mit Menschenrechten". Und das Asylsystem stehe "vor dem Kollaps", wie auch der jüngsten Rechnungshofbericht zeige. Die Zahl der offenen Verfahren in zweiter Instanz sei von 27.237 vor Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets auf nun 29.896 gestiegen; über alle drei Instanzen seien ungefähr 50.000 Asylverfahren offen.

Auch die Zahl der Schubhaften sei dramatisch gestiegen - von 600 vor dem Fremdenrechtspaket auf 2.000 im Vorjahr. Hier werde nicht "sparsam und verwaltungsökonomisch" gehandelt, sondern "Geld verschwendet". Die Devise der Regierung sei offenbar "Menschenrechte missachten und Geld verschwenden", kritisierte Stoisits.

ÖVP: "Absolute Frechheit"

ÖVP-Sicherheitssprecher Günther Kössl verteidigte am Mittwoch Innenminister Günther Platter. Es sei eine "absolute Frechheit", wenn die Grünen dem Innenminister die Fähigkeit absprechen, sein Ressort führen zu können, meinte er angesichts der von den Grün-Politikerinnen Terezija Stoisits und Alev Korun in einer Pressekonferenz getätigten Aussagen.

Platter könne "in der kurzen Zeit seiner Amtsführung bereits wesentliche Erfolge verbuchen", meinte Kössl in einer Aussendung. Asyl- und Fremdenwesen seien bei Platter "definitiv in guten Händen, ebenso wie der Polizeibereich". Und das neue Fremdenrecht zeige "entgegen allen Unkenrufen der Grünen deutliche Wirkung". (APA)