Am Donnerstag beschließt der Stiftungsrat des ORF die erste Etappe der großen Programmreform. ORF-General Alexander Wrabetz ist die nötige Mehrheit sicher. Nicht nur, weil die Sozialdemokraten dank Nationalratswahl und Regierungsbildung stärkste Fraktion im wichtigsten ORF-Gremium wurden. Doch beileibe nicht nur bürgerlichen Räten bereiten die Pläne Sorge: Der Publikumsrat, der Schemaänderungen immerhin verzögern kann, beschloss Dienstag einstimmig eine "Empfehlung". Er fordert:
Noch deutlicher wurde Andreas Kratschmar, der bürgerliche Chef des Programmausschusses: Er hofft, "dass ,Mitten im Achten' nicht mitten im Seichten landet". Die dem STANDARD vorliegende Testfolge deutet bei allem Unterhaltungswert darauf hin.
Lorenz haftet
Kratschmar erinnerte daran, dass der zuständige Programmdirektor Wolfgang Lorenz im Ausschuss "persönliche Haftung" für die Daily Sitcom übernommen habe. Das könnte teuer werden: Zwei Drittel der für die Programmreform zusätzlich nötigen 9,2 Millionen Euro fließen in die Vorabendserie.
Der zuständige Programmdirektor Wolfgang Lorenz ist nur im Scherz "schon ganz runzlig vor Sorgenfalten". Er verspricht die "Chance", "aktuelle Zeitströmungen zu implementieren". Aber: "Man darf nicht erwarten, ,Mitten im Achten' rettet die österreichische Nation für die nächsten Jahre."
Geringes Interesse der Zwölf- bis 29-Jährigen an "ZiB 1"
Wrabetz verweist darauf, dass nur noch 88.000 der Zwölf- bis 29-Jährigen die "ZiB 1" verfolgten, nur 35.000 davon in ORF 1. 150.000 aus dieser Altersgruppe sehen zu dem Zeitpunkt andere Programme. Nicht nur Privatsender, viele öffentlich-rechtliche Sender setzten auf tägliche Unterhaltungsserien.
Franz Medwenitsch, Fraktionschef der Bürgerlichen im Stiftungsrat, sieht andere Prioritäten: Besser jene 4,8 Millionen Menschen ab zwölf für ORF-Programme interessieren, die in der Zeitzone nicht fernschauen, als jene 800.000, die fremdsehen. "Ein sehr schlechtes Signal" sieht Medwenitsch im Vorschlag der ORF-Führung, jenen Zielmarktanteil von 43 auf 41 Prozent zu senken, von dem ihre Gehaltsbonuszahlungen abhängen. Öffentlich-rechtlicheres TV bedeute nicht zwingend Zuschauerschwund.
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