Das jüngste Urteil des Obersten Gerichtshof, in dem dieser 39 Mietvertragsklauseln, die allesamt als durchaus üblich bezeichnet werden können, als rechtswidrig erkannt hat (7 Ob 78/06f vom 11.10.2006), hat heftige Reaktionen ausgelöst. Auf der Seite der Konsumentenschützer war die Freude fast überschwänglich, Vermieter hingegen zeigten sich schockiert und fürchten seitdem vor allem die Belastung mit nicht überwälzbaren Erhaltungsaufwendungen sowie generell die Erschwerung gewerblicher Vermietung. Beide Reaktionen sind unberechtigt.

Ein Studium des Urteils im Detail, vor allem der Begründungen zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Klauseln, muss der Freude der Konsumentenschützer einen empfindlichen Dämpfer versetzen. Ein Großteil der beanstandeten Klauseln wurde wegen ihrer mangelnden Transparenz (iSd § 6 Abs 3 KSchG) oder der gröblichen Benachteiligung des Mieters infolge fehlender Interessenabwägung (iSd § 879 Abs 3 ABGB) für rechtswidrig befunden. Gerade diese beiden Mängel können jedoch durch eine ordentliche Vertragsgestaltung und überlegte Formulierung der entsprechenden Klauseln behoben werden.

Dies betrifft auch die für Vermieter wirtschaftlich relevanten Klauseln zur Verrechnung von Betriebskosten, Überwälzung der Erhaltungspflicht und zur Rückstellung des Mietobjektes. Es kann also entgegen anders lautenden Wortmeldungen keinesfalls behauptet werden, dass etwa die Überwälzung des Erhaltungsaufwandes auf Mieter generell nicht mehr möglich sein soll. Sie darf nur nicht undifferenziert und vor allem nicht unkalkulierbar erfolgen.

Verbandsklage

Vom Gericht ist eine im Zuge einer Verbandsklage zu prüfende Klausel stets im konsumentenfeindlichsten Sinn auszulegen und kann eine geltungserhaltende Reduktion nicht vorgenommen werden. Es ist daher durchaus möglich, dass eine bestimmte Klausel im Einzelfall aus dem Gesamtbild des Vertrages für noch zulässig erachtet oder auf ein zulässiges Maß reduziert wird, die selbe Klausel aber im Zuge einer Verbandsklage aufgehoben werden muss. Im vorliegenden Urteil lässt sich erkennen, dass der OGH im Wesentlichen vier Begründungen für die Rechtswidrigkeit der geprüften Klauseln herangezogen hat, wobei einige Klauseln aus mehreren Gründen rechtswidrig erklärt wurden: Einige Klauseln (i) verstoßen gegen den klaren Wortlaut des KSchG, wie etwa der generelle Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen, die Verschiebung der Beweislast und die Ungültigkeit mündlicher Vereinbarungen. Diese Klauseln müssen entfallen.

Eine zweite Gruppe (ii) betrifft den gänzlichen Haftungsausschluss des Vermieters. Haftungsausschlüsse sind auch Konsumenten gegenüber prinzipiell zulässig, sie dürfen jedoch nicht die Haftung für Personenschäden und bei Sachschäden Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit betreffen. Hier ist also eine gewisse Korrekturmöglichkeit gegeben.

Der überwiegende Teil der Klauseln wurde jedoch für rechtswidrig erklärt, weil diese (iii) intransparent, also unklar in ihrer konkreten Bedeutung, oder (iv) als gröblich benachteiligend angesehen wurden, vor allem da eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters nicht vorgesehen ist. Beide Mängel lassen sich, wie erwähnt, in den meisten Fällen leicht beheben.

So darf etwa die Erhaltungspflicht nicht generell und undifferenziert auf den Mieter überwälzt werden, weil dies im Ergebnis sowohl einen Gewährleistungsausschluss und den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 1096 ABGB ("derart mangelhaft, dass es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt ...") bedeuten würde und außerdem die Erhaltungspflicht des Mieters für diesen dann unkalkulierbar wäre. Dies heißt jedoch nicht, dass dem Mieter gar keine Erhaltungspflicht auferlegt werden darf. Auch die Pflicht zur Rückstellung in einem Zustand, der dem bei Übernahme entspricht, ist nicht per se rechtswidrig. Es darf nur die entsprechende Klausel nicht die Pflicht zur Beseitigung jeglicher (also auch der kleinsten) Gebrauchsspuren umfassen und im Ergebnis die vollständige Überwälzung der Erhaltungspflichten auf den Mieter bewirken. Im Ergebnis verleibt dem Vermieter durch eine überlegte Vertragsgestaltung also auch in Hinkunft jedenfalls Spielraum. (Wolfgang Tichy, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.2.2007)