Jürgen Wolf kocht jetzt im ORF-Kulturcafé, und zwar die schönste Kaffeehaus-Karte seit Jahren - Dazu gibt es, wie schon im "Wolf", besonders spannende Weine
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Im Programmschema hat sich einstweilen noch wenig getan, im Wiener Funkhaus beschäftigte ORFler aber haben den Machtwechsel an der Spitze des Staatsfunks schon ziemlich unmittelbar am eigenen Leib erfahren: Seit nämlich der vormalige Multi-Restaurateur und grüne Stiftungsrat Pius Strobl zum ORF-Kommunikationschef avanciert ist, hat er unter anderem die Pacht des hauseigenen, aber auch straßenseitig zugänglichen Kulturcafés in der Argentinierstraße abgegeben - mit dem Effekt, dass sich die Qualität des Gebotenen binnen kürzester Zeit dramatisch erhöht hat.
Nicht dass das schwierig gewesen wäre: Neben zwei eher müden Tagestellern, deren Hauptaufgabe offenbar darin bestand, die Leistungen der ORF-Kantine in vergleichsweise rosiges Licht zu rücken, beschränkte sich das Angebot auf Schinken-Käse-Toast und Wurst mit Senf. Seit einigen Wochen haben nun Karl Lind, Strobls ehemaliger Kompagnon und Betreiber des "Lux" am Spittelberg, und Jürgen Wolf, mit dem "Wolf" in der Burggasse höchst erfolgreich, das Café im Funkhaus übernommen.
Liebe zu den inneren Werten
Wolf kocht auch selbst, was sich prompt in der wohl wunderbarsten Kaffeehaus-Speisekarte der Stadt niederschlägt: Beginnend mit dem "Butterbrot mit Schnittlauch oder Anchovis" wie in alten Café-Drechsler-Zeiten über feine, sehr sensibel kalkulierte kalte Speisen (etwa ein fantastischer, mit Safran und Kreuzkümmel geschmorter Fenchel samt köstlichem Dornau-Räuchersaibling) bis zum ultraklassischen kleinen Saftgulasch oder, schon etwas noblicher, einer geschmorten Rindsfledermaus mit urwienerisch passierter Wurzel-Weinsauce. Hinten nach wartet hausgemachter Apfelstrudel.
Jürgen Wolfs Liebe zu den inneren Werten blitzt einstweilen nur hie und da durch, beim feinwürzigen Rieslingbeuschel mit unpackbar flaumigem Serviettenknödel etwa oder dem Kalbsleberparfait, einer souveränen Demonstration in Sachen Küchenklassik. Mittags gibt es zwei Tagesteller samt Suppe zu Kampfpreisen. Das kann ein prächtig gefüllter Schweinsbraten samt Krautsalat sein, aber auch, uijegerl, Wurstfleckerln. Wer die bestellt, hat freilich nichts Besseres verdient, schon gar nicht die fantastische Weinkarte, die den allzu bekannten Namen mit feinem Gespür auszuweichen versteht und darob umso spannender ist. (Severin Corti/Der Standard/Rondo/16/02/2007)
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