Kaputte Challenger
Auf dem Militärflughafen die nächste Hiobsbotschaft: Die über 20 Jahre alte Challenger ist kaputt. Notgedrungen müssen Lammert und seine Delegation auf einen Linienflug umsteigen. Marek Jurek, der Sejm-Marschall, hat sich da schon verabschiedet. Die Erleichterung, den deutschen Gast nach drei Tagen wieder loszuwerden, ist seinem Mienenspiel anzusehen.
"Es gibt Schlimmeres", meint Lammert lakonisch. Doch die Reise hätte kaum symbolträchtiger enden können. Um "Vertrauen" hatte der Bundestagspräsident in Polen geworben, immer wieder. Doch vom Staatspräsidenten über den Regierungschef bis zum Sejm-Marschall und den Studenten in Warschau und Skierniewice hört Lammert immer wieder dieselben Zweifel: "Wie können wir Ihnen vertrauen, wenn die Deutschen hinter unserem Rücken Gasgeschäfte mit den Russen machen? Wenn Deutsche und Russen eine Gaspipeline an uns vorbei bauen, sodass die Russen uns ganz leicht den Hahn zudrehen können."
Lammert gibt den Schwarzen Peter an die Schröder-Regierung weiter. Die habe es versäumt, die Polen in die Verhandlungen über die Ostsee-Pipeline miteinzubeziehen. Aber es gebe Lösungen, die man im Gespräch finden könne. Marek Jurek schüttelt nur den Kopf. Er sieht keinen Diskussionsbedarf: "Wir sind gegen diese Pipeline."
Auch der Appell Lammerts, nicht nur über Versöhnung zwischen Polen und Deutschen zu reden, sondern sie auch zu praktizieren, stößt auf Widerspruch: "Wie können wir den Deutschen trauen, wenn sie bis heute nicht bereit sind, die Vertreibung der Deutschen als Kriegsfolge zu akzeptieren?" fragen ihn Studenten der wirtschaftlich-humanistischen Hochschule in Skierniewice. Viele Polen fürchten, dass die Eigentumsklagen deutscher Vertriebener vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg gegen Polen eine Lawine an weiteren Klagen auslösen könnte. Betroffen wäre dann ein Drittel des polnischen Staatsgebiets.
Indignierter Ton
Auch für Polens Premier Jaroslaw Kaczynski ist das eine angsteinflößende Vorstellung. "Warum entschädigt Deutschland seine eigenen Vertriebenen nicht so, wie es Polen mit seinen Vertriebenen aus Ostpolen tut?", fragt er Lammert in indigniertem Ton. Denn die Antwort glaubt er schon zu kennen. Prompt hört er, dass Berlin "keinen Handlungsbedarf" sehe, da es die Forderungen der Vertriebenen für unbegründet halte und sie nicht unterstütze.