Foto: Volksoper Wien/ Dimo Dimov

Nicht jeder Schuss trifft das richtige Ziel. Das gilt für Jäger Max (Jürgen Müller) wie für die Regie.

Foto: Volksoper Wien/ Dimo Dimov
Wien - Die Parallele zu Erwin Wurms jüngst gezeigter Arbeit House attack , bei der ein Einfamilienhaus kopfüber ins Mumok kracht, beschränkt sich zwar aufs Äußerliche, ist aber dennoch frappierend. Auch in der neuen Volksopernproduktion des Freischütz in Regie und Bühnenbild von Marco Arturo Marelli dominiert ein ähnliches Motiv, wenn aus einer quer über die Bühne reichenden, riesigen Sperrholzplatte dieselben Umrisse eines Hauses ausgeschnitten sind, die als ebenfalls schräge, in die Tiefe gefallene Fläche jenen Ort beschreiben, auf dem sich ein Gutteil der Handlung abspielen wird.

Und auch das Häuschen, in dem jene "Jägersbraut", die Webers populärster Oper zunächst ihren Titel gegeben hatte, bescheiden haust, steht wackelig am Bühnenrand und später symbolträchtig Kopf. Die allgemeine Schieflage spricht eine klare Sprache: Wenn schon nicht Erwin, ist doch gehörig der Wurm im hier dargestellten Milieu und in seinen billigen Holzbrettern, aus denen sich einmal die Silhouetten von sieben Hirschen erheben, des Öfteren aber der unter dem Namen Samiel firmierende Leibhaftige (Ronald Kuste) selbst.

Seine Allgegenwärtigkeit zeigt sich nicht erst im Schlussbild, als er den Hochsitz des Fürsten Ottokar (Markus Brück) besteigt und mit seinen Vasallen den Triumph der Liebe, Güte und Vergebung erheblich einschwärzt. Bei jeder Gelegenheit hatte Marelli den Gottseibeiuns auftauchen lassen, als Dorfmusikant, als Wirtin oder als Brautkranz vulgo Totenkrone überbringendes Weiblein.

Und am Beginn des Konfliktes, da der Jäger Max (Jürgen Müller) schlechter geschossen hatte als der Bauer Kilian (Daniel Schmutzhard), war anhand der an Skinheads erinnernden Mitkämpfer Satans ebenso deutlich geworden, dass der Pakt mit dem Bösen erst durch Demütigung und Verletzung geschlossen wurde, wie die Eigendynamik der Gewalt in Kollektiven.

Redliches Bemühen

Im Falle des Volksopernorchesters unter einem gemächlichen Tempi den Vorzug gebenden Leopold Hager hätte auch der Komponist wohl einiges an redlichem Bemühen erkannt. Tatsächlich wurde damit klangliche Transparenz und Kompaktheit erreicht, was gerne über die eine oder andere Rauheit hinwegsehen lässt. Bei solch hornistischem Gfrett wie während des Vorspiels zum dritten Akt blieb allerdings doch eine musikalische Bringschuld offen.

Auch die Bilanz bei den Sängern war durchwachsen: Neben dem passablen Chor siegte diesmal das Böse, wenn gegenüber dem noblem Eremiten (Albert Pesendorfer) Lars Woldt einen grimmig polternden, stimmlich vollen Kaspar gab. Zwar war auch die von Andrea Bogner (Ännchen) unterstützte Kristiane Kaiser als gute Agathe gut, doch muss sie sich noch etwas freisingen.

Bis dahin hat sich vielleicht auch in der Inszenierung geklärt, ob der Produktion ihre Schablonenhaftigkeit auf den Kopf fällt. (Daniel Ender /DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2007)