Paris - Zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen kommt Frankreichs Parlament am Montag zusammen, um mehrere Verfassungsänderungen zu beschließen. Staatsoberhaupt Jacques Chirac berief dazu den so genannten Kongress aus Nationalversammlung und Senat im Schloss von Versailles ein. Bei der feierlichen Sondersitzung will der 74-jährige Chirac einige seiner Wahlversprechen von 2002 noch in die Tat umsetzen. Auf der Tagesordnung stehen vor allem das Verbot der Todesstrafe in Frankreich sowie die Einführung von Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsidenten bei schweren Verfehlungen.

Drei-Fünftel-Mehrheit

Um das Grundgesetz von Frankreichs Fünfter Republik zu ändern, ist der Kongress die einzige Alternative zu den sehr seltenen Volksabstimmungen. Im Kongress müssen Verfassungsänderungen jeweils mit Drei-Fünftel-Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren verabschiedet werden. Den Vorsitz hat der Präsident der Nationalversammlung, Jean Louis Debré. Debré, ein Chirac-Vertrauter, gilt als Favorit für den Vorsitz des Verfassungsrates, über den kommenden Woche entschieden werden soll. Die bürgerliche Regierung wird beim Kongress durch Premierminister Dominique de Villepin und die Fachminister vertreten, deren Ressorts von den Verfassungsänderungen betroffen sind.

Seit seiner Wiederwahl 2002 hatte Chirac den Kongress bisher zwei Mal einberufen. Beim letzten Mal nahm der Kongress eine Umweltcharta an und passte die Landesverfassung an die geplante EU-Verfassung an, welche die Franzosen dann aber im Mai 2005 ablehnten. Mit Blick auf die Türkei legte der Kongress auch fest, dass bei künftigen EU-Erweiterungen in Frankreich jeweils Volksabstimmungen angesetzt werden müssen.

Wahlrechts-Änderungen in Neukaledonien

Diesmal soll der Kongress nun die Verfassung um Artikel 66-1 erweitern: "Niemand kann zum Tode verurteilt werden." Die Todesstrafe war im Herbst 1981 von Chiracs direktem Vorgänger François Mitterrand abgeschafft worden; ihr jetzt geplantes verfassungsmäßiges Verbot ist kaum umstritten. Härter war um den strafrechtlichen Umgang mit Staatschefs gerungen worden. Die Reform hatte zu Chiracs Wahlversprechen gehört. Sie sieht vor, dass Präsidenten im Amt de facto nicht von der Justiz verfolgt werden können; weder Ermittlungsverfahren gegen sie noch Vernehmungen als Zeugen sind möglich.

Im Gegenzug kann das Parlament Staatschefs bei schweren Verfehlungen gegen ihre Amtspflichten mit Zwei-Drittel-Mehrheit abberufen. Die dritte Vorlage betrifft Wahlrechts-Änderungen für Frankreichs autonomes Überseegebiet Neukaledonien. (APA)