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Edi Rama

Foto: REUTERS/ARBEN CELI
Er passt so gar nicht in die albanische Bürokratenklasse. Edi Rama - manchmal ganz in Weiß, Dreitagebart und frivoler Blick - kennt und verwendet die Codes der westlichen Kunstschickeria. Die hat ihn auch geprägt. Einen Großteil der 1990er-Jahre verbrachte der heute 42-Jährige im Pariser Künstlermilieu. Aber auch seine Körpergröße macht es den Tiranern leicht, ihren Bürgermeister sofort zu erkennen. Wo er auftaucht, wird geklatscht. Rama studierte in Tirana Malerei. Als er 1990 eine Expressionistenausstellung organisierte, war das so etwas wie das erste Widerstandszeichen gegen die kommunistische Diktatur.

Nach seiner Rückkehr aus Frankreich übte er öffentlich Kritik am damaligen Präsidenten Sali Berisha, 1997 wurde er von Sicherheitskräften in einer Unterführung zusammengeschlagen. Ein Jahr darauf machten ihn die Sozialisten zum Minister für Kultur, Jugend und Sport. "Als ich reinkam, fühlte ich mich wie in einem kafkaesken Albtraum", umschrieb Rama seine Gefühle beim Betreten des Ministeriums. Ab da versuchte er die Isolation aufzubrechen: Rama eröffnete Kinos, wo internationale Filme gezeigt wurden. Er suchte und sammelte manisch Dokumente und Bilder, um den Tiranern ihre Geschichte zurückgeben.

2000 wurde er als unabhängiger Kandidat erstmals Bürgermeister der Hauptstadt. Dann begann Rama Tirana bunt zu machen. Zuerst ließ er sämtliche illegal errichteten Gebäude abreißen, Viertel um Viertel entmüllen, begrünte 96.700 Quadratmeter und setzte 1800 Bäume. Ganze Straßenzüge mit grauen Betonklötzen aus der kommunistischen Ära wurden orange, rot, stahlblau, Quadrate herausgehoben, schräge Linien über die Hausfronten gezogen. Seine Kritiker meinten, er würde die Armut behübschen. Doch Rama glaubt fest, dass Farben das Lebensgefühl verändern können.

2004 erkoren 35.000 Teilnehmer der Internet-Community "City Mayors" den Basketballer, der 2003 zum zweiten Mal Bürgermeister wurde, zum "World Mayor". Die kommunalen Dienste und der öffentliche Verkehr funktionieren mittlerweile tatsächlich recht gut. Als zimperlich ist der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, dessen Ton schon mal rauer werden kann, nicht verschrien. Und zimperlich sind auch die politischen Gegner nicht. Kurz vor den Bürgermeisterwahlen am Sonntag, wo er gegen Innenminister Sokol Olldashi antritt, tauchten Fotos auf: Völlig unbekleidet nur mit Sonnenbrille war Rama in den Zeitungen zu sehen.

Er selbst sei auch aus narzisstischen Bedürfnissen in die Politik gegangen, gibt er zu. Dass der Szenemensch Rama nicht mehr viel Zeit zum Malen hat, scheint ihm nicht so furchtbar: "Ich denke, Politik in Albanien ist die höchste Form der Konzeptkunst." (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Print, 16.2.2007)