Berichtssystem
Als Grundlage für die Bewertung der Fortschritte in den beigetretenen Ländern dient ein nationaler Bericht, der alle vier Jahre abgeliefert werden muss. Darin erläutern die verantwortlichen Stellen ihre Erfolge und Ziele in Sachen Gleichstellungspolitik. Österreich hat seinen sechsten Bericht bereits 2004 an die Kommission abgeliefert. Da die 23-köpfige ExpertInnen-Kommission aber nur drei Mal im Jahr tagt und ein sehr hohes Arbeitspensum zu bewältigen hat, konnte der österreichische Bericht erst 2007 beurteilt werden.
Schattenberichte
Damit sich das Komitee ein ausgewogenes Bild von der Situation in den Ländern bilden kann, sind NGOs dazu aufgerufen, so genannte "Schattenberichte" einzureichen. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (Informationsstelle gegen Gewalt) koordinierte eine Arbeitsgruppe von 18 Expertinnen, die unentgeltlich einen Bericht über Probleme bei der Umsetzung der Konvention von 2000 bis 2006 verfasste. Karin Tertinegg, Juristin und Mit-Autorin des Schattenberichts, erklärt im Gespräch mit dieStandard.at, warum die Zusammenarbeit mit NGOs für das Komitee so wichtig ist: "Die einzelnen Staaten haben natürlich ein Interesse daran, die Fortschritte ihrer Politik herauszustreichen, gerade weil das Berichtssystem das einzige Überwachungssystem der CEDAW ist." Dem offiziellen österreichischen Bericht wirft Tertinegg zwar nicht Schönfärberei vor, aber: "Die aufgelisteten Initiativen und Massnahmen sind meist nicht ausreichend erläutert und in keinen Zusammenhang gestellt worden."
Forderungen
Der Schattenbericht beanstandet an der Situation in Österreich, dass trotz der zahlreichen aufgelisteten Initiativen kaum Fortschritte gegenüber dem letzten Bericht gemacht wurden. Der Grund dafür sei, dass in Österreich wenig Anreize und Sanktionsmöglichkeiten für die de facto Gleichstellung von Frauen bestehen. Kritisiert wird auch die Stabilisierung traditioneller Geschlechterrollen durch einzelne Gesetzesmaßnahmen wie dem Kindergeld, das Frauen nachweislich vom Wiedereinstieg in den Beruf abhält. Desweiteren wurde die schwierige rechtliche Situation von Sexarbeiterinnen und Betroffenen von Frauenhandel sowie die Mehrfachdiskriminierung von Migrantinnen erwähnt. Im Bezug auf Gewalt an Frauen fordern die Autorinnen systematische Datenerhebungen in Bezug auf das Geschlecht und das Beziehungsverhältnis bei allen Gewaltdelikten und mehr Schulungsmaßnahmen für Exekutive und Judikative. Generell würde es an einem nationalem Aktionsplan fehlen, der die Maßnahmen in diesem Feld koordiniert. Schließlich sei auch die finanzielle Absicherung von Fraueninitiativen, die u.a. die Opfer von Gewalt betreuen, äußerst prekär.
Gendermainstreaming
Obwohl die Gendermainstreaming-Maßnahmen in Österreich von der CEDAW ausdrücklich gelobt werden, sieht Tertinegg auch hier Handlungsbedarf: "Es braucht in diesem Bereich eine Vereinheitlichung von Kriterien und klare Zielvorgaben." Zwar sei auch in der EU Gendermainstreaming grundsätzlich als Maßnahme zur Gleichstellung von Männern und Frauen definiert, doch hätten sich im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Bedeutungen in Behörden und Unternehmen etabliert. "Ganz dringend ist eine Evaluierung der angebotenen Gendermainstreaming-Trainings", so die Expertin für Qualität in Gleichstellungsfragen.
Konsequenzen
Den Berichten folgen lediglich "Empfehlungen" des Komitees, die für die Staaten nicht rechtlich bindend sind. Diesem vergleichsweise zahnlosen Unterfangen kann Tertinegg aber auch einiges Positives abgewinnen: "Die Berichte haben Öffentlichkeitswirkung und dienen Lobby-Gruppen als Argumentationsschiene und Druckmittel. Und natürlich geht es für die Länder auch um die Reputation auf internationaler Ebene. Der Anreiz, international als 'Vorreiter' in Sachen Gleichstellung Prestige zu gewinnen oder die Gefahr eines 'Gesichtsverlusts' sind auch hier gegeben." Die Tatsache, dass die Staaten nicht mit Konsequenzen rechnen müssen, sei auch ein Grund dafür, dass mehr als 180 Staaten die Konvention unterschrieben haben. "Die Ratifizierung macht die Diskriminierung von Frauen in den einzelnen Ländern erst einmal zum Thema."