Ein solches Vorgehen stellt einen Missbrauchstatbestand da, der vom Arbeitgeber allerdings erst vor Gericht bewiesen werden muss, sagt Thomas Rauch, Referent für Arbeitsrecht der Wirtschaftskammer Wien, zum STANDARD: "Das ist das wahre Problem, aber der Arbeitnehmer wird beweisen müssen, warum er die zusätzliche Freizeit benötigt." Der Missbrauchverdacht wird vor allem bei Vätern, die Elternteilzeit beantragen, auftreten, glaubt Rauch. Im Verfahren könnte die Frage auch eine Rolle spielen, ob die Betreuung ebenfalls von der Mutter besorgt werden kann.
Verschärft wird der Anreiz zum Missbrauch durch die im Gesetz gegebene Möglichkeit, im Rahmen der Elternteilzeit bloß eine Verschiebung der Arbeitszeit zu beantragen, ohne dass damit eine Reduktion der Arbeitszeit und damit des Einkommens verbunden wäre. Wer seine Arbeitszeit auf diese Weise von 8–16 Uhr auf 9–17 Uhr verschiebt, etwa um sein Kind in den Kindergarten bringen zu können, genießt ebenfalls Kündigungsschutz. Grundvoraussetzung für das Recht auf Elternteilzeit ist allerdings ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind bzw. die Obsorgepflicht.
Rasche Verfahren
Von Arbeitgebern, die den Wunsch nach Elternzeit nicht gewähren wollen, verlangt das Gesetz, dass sie klagen. Dies gilt auch beim Missbrauchverdacht. Während des Verfahrens bleibt die alte Arbeitszeit in Kraft. Da aber im Gesetz kein Instanzenzug vorgesehen ist, ist die Verfahrensdauer relativ kurz.
In vier von fünf bisher geführten Prozessen wurde dem Arbeitnehmer Recht gegeben, sagt Rauch, hält aber den Nachweis von Missbrauch in gewissen Fällen für möglich. Ein missbräuchlicher Antrag auf Elternteilzeit ist selbst kein Kündigungsgrund. Sollte der Arbeitgeber vor Gericht Recht bekommen, sollte er daher nicht sofort eine Kündigung aussprechen, sondern etwas Zeit vergehen lassen, empfiehlt Rauch.