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Monika Pinterits: Gespräch im Amt reicht nicht

Foto: AP/punz
Mütter oder Väter, die nach der Scheidung mit ihren Kindern abtauchen, die dem anderen Elternteil - aber auch den Behörden - den Kontakt zu den Kindern systematisch verwehren: Die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits kennt solche Situationen aus ihrer Praxis.

In "ein bis zwei Prozent aller Scheidungsfälle", so schätzt sie, komme es zu derlei Reaktionen - sei es aus Misstrauen und Hass gegenüber dem Expartner, sei es, weil "eine psychiatrische Erkrankung mit im Spiel ist".

Eine solche Störung sei im behördlichen Umgang mit dem Elternteil oft nur schwer zu erkennen: "Die Leute drücken sich dann klar und scheinbar logisch aus", schildert Pinterits. Um das Eingreifen der Behörden tunlichst zu beschleunigen, sollten "direkte Kontakte der Fürsorge mit den Kindern und Besuche daheim, dort, wo sie wohnen" zur Norm werden. Die Ladung des Elternteils aufs Amt reiche oft nicht aus.´

Geheimsprache

Eine "Geheimsprache" wie jene der drei Mädchen kennt die Jugendanwältin aus Fällen jahrelanger Isolation. Eine solche Ausdrucksweise sei als "Mittel, ein eigenes, schützendes System aufzubauen" zu verstehen - als Schutz gegen den als bedrohlich empfundenen Elternteil ebenso wie gegen "die als feindlich betrachtete Umwelt: Kinder werden von solchen Eltern in deren psychotische Welt zum Teil mit hineingezogen. Sie lieben ihre Eltern, auch wenn diese sie misshandeln."

Derzeit hätten die Jugendämter mit dem "gelindesten Mittel" vorzugehen: "Ich würde mir wünschen, dass sie es in Zukunft mit ,den Kindern entsprechenden Mitteln' tun dürfen." In Fällen, wo Mutter oder Vater die Kinder auch noch von der Schule abmelden, um sie daheim zu unterrichten, bleibe sonst nur wenig öffentliche Kontrolle - obwohl das Wohl der Kinder davon abhängen könne.

Aus diesem Grund wünscht sich die Frau vom Fach zusätzlich, dass es bei Heimunterricht "häufigere Kontakte der Schulbehörden mit den Kindern gibt, als es derzeit vorgeschrieben ist" - wobei ihr "völlig unverständlich" bleibt, dass im aktuellen Fall offenbar nicht einmal jährliche Lernfortschrittstests stattfanden.

Gerade zu Beginn von Heimunterricht sollten die Überprüfungen "in kürzeren Abständen stattfinden, bis klar ist, ob sich die Sache bewährt".

Der Linzer Fall erinnert Pinterits an eine psychisch kranke Mutter, mit der sie 2005 zu tun hatte. Die Frau sei mit ihren Kindern zwei Jahre lang fluchtartig durch Österreich gezogen - habe ihren Nachwuchs mit in ihr psychotisches System gezogen. Erst als sich die Großmutter an die Behörden gewandt habe, sei es dem Jugendamt gelungen, die Kinder woanders unterzubringen.

Über die aktuelle Berichterstattung ist Pinterits entsetzt: Das schade den jungen Opfern aufs Neue. (Irene Brickner, DER STANDARD print, 12.2.2007)