Im Werbefilm verschücherte Zuwanderin, im wahren Leben kosmopolitische Studentin: Saman D. mit Kopftuch.

Foto: DER STANDARD/Zara
Wien - "Wie ein Kopftuch korrekt gebunden wird, habe ich erst erfragen müssen", erinnert sich Saman D. im Gespräch mit dem Standard. Und das, obwohl die in Wien geborene 25-Jährige bis vor sieben Jahren noch die iranische Staatsbürgerschaft und "muslimisch" als Glaubensbekenntnis im Pass stehen hatte. Und somit nach landläufiger Meinung eigentlich verhüllt herumlaufen müsste. Doch um ihre langen, schwarzgelockten Haare filmgerecht zu verstecken, brauchte D. die Tipps der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

Denn so wie die Studentin und Jungschauspielerin in einem der drei neuen Werbespots von Jochen Graf für die Antirassismusorganisation Zara auftritt - als verschüchterte Zuwandererin -, ist D. im realen Leben nicht. Dank der liberalen Erziehung ihrer Eltern, wie sie überzeugt ist.

Der Vater kam 1976 aus Persien nach Wien und begann zu studieren, hielt aber Verbindung mit der alten Heimat. Er heiratete eine Frau aus dem Norden der nunmehrigen islamischen Republik Iran und brachte sie nach Wien. "Als meine Mutter mitten im Winter aus der S-Bahn ausstieg und die Ein-Zimmer-Studentenwohnung meines Vaters sah, war sie schockiert", schildert D. heute. Schließlich war ihre Mutter in einer Villa mit Haushälterin und großem Garten aufgewachsen.

Saman kam 1981 auf die Welt, ihre Schwester ein Jahr später, aber 1984 remigrierte die Familie in den Iran. "Es war für meine Eltern schrecklich, nur als Gastarbeiter gesehen zu werden." Nach einigen Monaten kehrte die Familie zurück, der Vater eröffnete eine gutgehende Galerie für persische und europäische Kunst. Später wurde er Geschäftsführer in einer Autowerkstatt - und starb dort 2001 überraschend.

"Er war relativ bekannt, und wir hatten dadurch Kontakt mit vielen verschiedenen Kulturen", fasst die junge Frau zusammen. Die Erziehung habe persische Werte vermittelt, aber gleichzeitig Freiräume gelassen: Kopftuchzwang war kein Thema, als Teenager ging sie in Clubs und Discos. Nach der Matura begann sie zu studieren, nebenbei arbeitet sie als Maskenbildnerin und Visagistin sowie als Flugbegleiterin bei einer Privatjetfirma. 80 Städte in 42 Staaten der Erde hat sie kennen gelernt.

So ähnlich hätte auch das Leben ihres nur um ein Jahr älteren Onkels verlaufen können. Der jüngste Bruder der Mutter kam 1999 nach Österreich, Samans Vater arrangierte für ihn Deutschkurse, den Besuch einer HTL und das Studium. "Er hatte die besten Möglichkeiten, musste sich weder um Kost noch Logis kümmern", fasst Saman D. zusammen. "Aber er hat das nicht angenommen."

Um ihm Kontakte zu ermöglichen, habe sie ihm österreichische Freunde vorgestellt, mit denen er zunächst auskam. Doch nach dem Tod des Schwagers zog er sich zurück. "Er war dann viel mehr in der persischen Gemeinschaft", meint die 25-Jährige. Dort lernte er auch seine Frau kennen, sie bekamen ein Kind.

Der Kontakt zur Familie brach praktisch völlig ab, der junge Mann suchte sich eine kleine Wohnung in Wien-Hernals, die er mit Hilfsarbeiterjobs finanzierte. Deutsch sprach er kaum, Fuß fasste er nie wirklich - 2006 zog er zurück in den Iran. Verabschiedet hat er sich von seinen Nichten nicht mehr. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 12. Februar 2007)