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Schauspieler Karl Markovic, Adolf Burger und der deutsche Schauspieler August Diehl in Berlin bei der Premiere von "Die Fälscher".

Foto: APA/dpa/Jörg Carstensen
Adolf Burger war einer jener jüdischen Häftlinge, die vom NS-Regime gezwungen wurden, in Konzentrationslagern Pfund und US-Dollar zu fälschen. Anlässlich der Premiere des diesem Thema gewidmeten Films "Die Fälscher" ein Gespräch mit dem Zeitzeugen.

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Adolf Burger ist aus Prag zur Berlinale gekommen. Der agile alte Herr ist kein Filmfan und auch kein Filmstar. Er ist das, was man nüchtern einen Zeitzeugen nennt. Einer, der aufgezeichnet hat, was ihm widerfahren ist und was er erlebt hat. Nun ist auf Basis seiner Aufzeichnungen ein Film entstanden: Burgers Erfahrungsbericht Des Teufels Werkstatt war die Grundlage für das Drehbuch von Stefan Ruzowitzkys Die Fälscher, der am Samstagabend im Wettbewerb uraufgeführt wurde.

Wie das Buch handelt auch dieser davon, wie jüdische Häftlinge dazu gezwungen wurden, im KZ Sachsenhausen für die Nationalsozialisten britische Pfund und US-Dollar herzustellen, um die Wirtschaft der Kriegsgegner zu destabilisieren. Die Begegnung mit Burger - im Film gespielt von August Diehl - findet am Tag nach der Premiere statt. Dass er fast neunzig ist, sieht man ihm nicht an. Er habe nie geraucht, getrunken, sein Genuss sei der Umstand "zu leben", wo er doch einmal nicht mehr leben sollte: Adolf Burger, 1917 in der Slowakei geboren, gelernter Drucker und in der verbotenen kommunistischen Partei aktiv, wurde 1942 verhaftet.

Befreiung aus dem Lager Ebensee

Er wurde gemeinsam mit seiner Frau nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Seine Frau wurde dort ermordet, er selbst nach eineinhalb Jahren ins Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt, um in der geheimen Geldfälscherwerkstatt zu arbeiten.

1945 kehrte er in die Tschechoslowakei zurück. Aber vorher, unmittelbar nach seiner Befreiung aus dem Lager Ebensee, wohin man ihn aus Sachsenhausen überstellt hatte, wurde er noch in Häftlingskleidern bei einer Dorfbewohnerin vorstellig: ",Bitte borgen Sie mir einen Fotoapparat und einen Film.' Ich ging hinauf ins Lager, zwei Kilometer, und habe angefangen zu fotografieren, wie die Leute ausgesehen haben, einen Tag nach der Befreiung. Ich hatte nur zehn Fotos, das waren meine ganzen Dokumente. Dann kam ich nach Prag, und im August 45 ist das erste Buch erschienen mit meinen Fotos."

Dokumente gesucht

Danach, sagt er, wollte er zwanzig Jahre nichts mehr davon hören. Bis ihm ein anderer Überlebender aus Berlin 1972 einen Flugzettel zuschickte, in dem die Existenz von Auschwitz infrage gestellt wurde: "Da habe ich gesagt: Genug! Dann habe ich angefangen, Dokumente zu suchen." Seither ist Burger ein unermüdlicher Aufklärer, er ist aktiver Teil verschiedener Organisationen ehemaliger KZ-Häftlinge und besucht Schulen, sorgt auch dafür, dass Jüngere diese Arbeit irgendwann fortsetzen werden.

Auch den Film sieht er als ein Mittel gegen das Vergessen: "Wenn er laufen wird, dann werden Tausende zum ersten Mal erfahren, dass die Nazis isoliert in Sachsenhausen Häftlinge Tag und Nacht Geld fälschen haben lassen. Man soll die Wahrheit erfahren." Nur bezüglich der Fakten hat er im Zuge der Drehbucherstellung korrigierend eingegriffen.

"Ich hatte immer Angst"

Dann erzählt er noch von jenem Tag, als er für die Geldfälscherwerkstatt rekrutiert wurde: "Ich hatte schon ein Jahr in Birkenau im Aufräumkommando gearbeitet. Wir haben die Koffer geöffnet und den Inhalt sortiert. Beim Zählappell hat man immer gerufen: ,Wir brauchen zehn Tischler, meldet euch.' Und plötzlich eines Abends rufen sie Nummern auf, und meine Nummer war darunter. Und der Befehl war, ich sollte mich am nächsten Tag melden beim Lagerleiter, Sturmbannführer Höss. Wissen Sie, ich war kein Held, ich hatte immer Angst. Und dann auf einmal ruft man meine Nummer. Ich habe die ganze Nacht Angst gehabt - was wird mit mir geschehen? In der Früh gehe ich zu ihm, klopfe, trete ein, habe mich stramm gestellt und habe geschrien: ,Häftling 64 401 zur Stelle.' Man durfte ja seinen Namen nicht verwenden. Und dann sieht er zu mir, dann auf seine Karteikarte und fragt: ,Sind Sie Herr Burger?' - Herr! - Ich habe ,Ja' gestottert. ,Sind Sie Buchdrucker?' Dann steht er auf und sagt: ,Solche Fachleute wie Sie brauchen wir in Berlin in den Druckereien.' Und am Ende: ,Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.' Damit war ich entlassen, und ich ging die Stiegen hinunter und habe kein Wort geglaubt." (Isabella Reicher aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 12.2.2007)