Dudu Kücükgöl, Feministin mit Kopftuch. Nebenbe- schäftigung: Kopftuch-Erklären.

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Dudu Kücükgöl ist ein Profi. Sie macht diesen Job seit sie acht Jahre alt ist. Seit 15 Jahren erklärt sie den Leuten, was es mit dem Stück Stoff auf ihrem Kopf auf sich hat. "Ich bin eine österreichische Muslimin", sagt die 23-Jährige und macht eine bedeutungsschwere Pause, als ob sie auf Widerspruch warten würde. "Ich spreche österreichisch, mache genauso meine Schmähs, gehe auf die Uni und ich schaue mir genauso den Dorfer an." Und sie ist Feministin, zwar ohne theoretische Denkschule, dafür im Alltag.

 

Vor einigen Monaten hat die Wirtschaftspädagogik-Studentin geheiratet, ihren Namen hat sie behalten. Kinder will sie, wenn die Zeit gekommen ist, jetzt geht die Diplomarbeit vor. Und wenn es dann so weit sein sollte, will sie höchstens sechs Monate bei dem Kind zu Hause bleiben. Das Bild der Öffentlichkeit von den Musliminnen ist allerdings von den Frauen mit Kopftuch und bodenlangen Mänteln geprägt.

"Sie werden oft als Opfer gesehen, die zu Hause bleiben, die viele Kinder zur Welt bringen und die unterdrückt werden. Die sind meistens Stereotype, die nichts mit dem Islam zu tun haben, sondern auf Grund soziökonomischer Aspekte auftreten", analysiert die sudanesische Politologin Ishraga Mustafa Hamid, die auf der Universität Wien Politikwissenschaft unterrichtet.

Laut Volkszählung 2001 leben 152.393 muslimische Frauen in Österreich, womit sie rund 3, 7 Prozent der weiblichen Wohnbevölkerung ausmachen. Davon sind mehr als 100.000 im Ausland geboren. Es handelt sich keineswegs um eine homogene Gruppe, selbst unter jenen muslimischen Frauen, die aus demselben Herkunftsland stammen, scheiden sich die Geister. "Es gibt Traditionelle, die ein Kopftuch tragen, jene die keines tragen und trotzdem sehr religiös sind und umgekehrt", sagt Andrea Saleh, Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft .

Aber es gibt eine sehr harte Realität der Unterdrückung von jungen Frauen, meist durch Zwangsehen (ein eigener Bericht dazu folgt; Red.). Seit Februar 2006 gilt Zwangsheirat in Österreich als Offizialdelikt, womit nicht nur Betroffene, sondern auch Dritte den Fall anzeigen können. Schön reden will man das Problem in der Islamischen Glaubensgemeinschaft nicht.

"Wir brauchen innerislamische Ansätze. Man muss das Thema in den Moscheen näher bringen", sagt Gülmihri Aytac, studierte Sozialwissenschaftlerin und islamische Religionslehrerin. "Das sind patriarchalische Strukturen und ein übertriebener Ehrbegriff", ergänzt Frauenbeauftragte Saleh. Mit dem Islam als Religion habe es nichts zu tun, schließlich gewähre er freie Partnerwahl, ansonsten sei die Ehe ungültig. (Solmaz Khorsand/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.2.2007)