Die Airlines, die das weltweit größte Passagierflugzeug bestellten, werden den Flieger "klassisch nutzen" und maximal Bars installieren. Wer genau was plant, ist noch geheim.

Foto: STANDARD/Airbus/Masclet
"Der A380 ist einfach wie jedes andere Flugzeug zu fliegen", sagte Airbus-Chefpilot Peter Chandler. Als Pilot mit 350 Flugstunden beim A380 mag das Routine sein. Für den Passagier tut sich mit dem bis zu 560 Tonnen Abfluggewicht schweren, davon 310 Tonnen Treibstoff, und über 800 Passagiere fassenden Riesen jedenfalls eine neue Dimension auf. Airbus-Krise hin oder her, die Flugzeugbauer wollten am Mittwoch der Weltpresse zeigen, dass der A380 ein Flugzeug ist und nicht nur ein Problemfall mit verspäteten Auslieferungen an die wütenden Airlines.

Wie auf Kreuzfahrt

Der Jet soll neue Maßstäbe setzen. Das beginnt schon beim Boarding über unterschiedlich hohe Fluggastbrücken, die eher an das Besteigen eines Kreuzfahrtschiffes erinnern. Etwas später beschleunigt Chandler rasant den A380, nach 25 Sekunden hebt der Koloss von der regennassen Startbahn im südfranzösischen Toulouse ab. Die vier mächtigen Rolls-Royce- Triebwerke mit der Kraft von 2500 Autos sind im Oberdeck des Jets kaum zu hören.

Nach wenigen Minuten, über den Gipfeln der Pyrenäen, können 170 Journalisten wie eine Horde unruhiger Kinder das mit 519 Sitzen ausgerüstete Flugzeug unter die Lupe nehmen. Der erste Eindruck: Mit seinen beiden übereinanderliegenden Decks erinnert der A380 an den klassischen Jumbo. Großes Interesse gilt der Ausstattung. Aber: Platz für Firlefanz wie ein Casino oder Shopping-Mall, werden die Airlines im 73 Meter langen A380 nicht verschwenden. Die meisten Fluglinien haben angekündigt, das Gerät wie jedes andere Verkehrsflugzeug zu nutzen – mit Stühlen und der einen oder anderen Bar. Mit neuesten Innovationen in allen Klassen darf aber gerechnet werden. Was konkret kommt, darüber schweigen sich die Fluglinien aus Gründen des Wettbewerbs aus.

Toilette mit Ausblick

MSN007, so die Bezeichnung dieses A380, eines von fünf gebauten Testflugzeugen, ist mit 200 Sitzen im Oberdeck ausgestattet, 319 befinden sich auf dem Hauptdeck, wo auch die First Class installiert ist. An Bord: Insgesamt 15 Toiletten. Eine davon hat sogar ein Fenster mit Ausblick auf einen Teil der 825 m2 Flügelfläche. Unterdessen servieren acht Lufthansa- und drei Air- France-Flugbegleiter Erfrischungen. John Leahy, oberster Verkaufschef von Airbus, betonte, an der Bar, dass es derzeit 166 Bestellungen von 15 Kunden gebe. "Ich erwarte heuer weitere 20 Verkäufe", so Leahy. Dass Airbus mittlerweile 420 A380 verkaufen muss, um den Breakeven zu erreichen, will er nicht bestätigen und überreicht dem Berichterstatter ein Glas Champagner. "Unser Hauptproblem war, dass wir das Flugzeug nicht pünktlich übergeben konnten", gibt Leahy zu. 2008 werden 13 Flugzeuge ausgeliefert, 2009 sollen es 25 sein.

Leiser Flieger

Zwölf Kilometer über dem Atlantik. MSN007 zieht mit 1000 Stundenkilometern an La Rochelle vorbei. Airbus bewirbt die A380 als sehr leisen Flieger. Und tatsächlich, der Geräuschpegel in der Kabine ist es extrem ruhig, abgesehen vom CNN-Kollegen, der in das Mikrofon brüllt. "Ich finde es einfach gemütlich. Hier zu arbeiten hat einen Lounge-Charakter." "Vielleicht liegt es auch an der breiteren Kabine", meint viel dezenter eine Lufthansa-Flugbegleiterin. Zahlende Passagiere sind ab Oktober willkommen. Mit eineinhalb Jahren Verspätung startet Singapore Airlines zum kommerziellen Erstflug von Singapur nach Sydney. Der Demo-Flight neigt sich dem Ende zu. Noch Probeliegen in der First Class, ein Besuch im Cockpit, und nach zwei Stunden Flugzeit setzt der Flieger mit 340 Tonnen Landegewicht in Toulouse auf: ganz unspektakulär, wie jedes andere Flugzeug auch. Erhöht wird die Produktion des A330. Statt bisher sieben sollten bis 2008 oder 2009 neun Maschinen pro Monat hergestellt werden. (Kurt Hofmann aus Toulouse, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.2.2007)