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foto:EPA/Ed Oudenaarden
Den Haag – Zehnjährige, die mit der Kalaschnikow in der Hand Erwachsene niederzwangen und sich nicht erinnern konnten, wie viele Menschen sie bereits getötet haben, gehörten zum Alltag in der Stadt Bunia. In der Ituri-Provinz im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo sollen zeitweilig bis zu 30.000 Kinder der Union des Patriotes Congolais (UPC) gedient haben. Die UPC, eine Miliz der Volksgruppe der Hema, wurde im Jahr 2000 von Thomas Lubanga Dyilo gegründet. Die von Uganda unterstützte Truppe – später bekam sie auch Rückendeckung von Ruanda – kämpfte gegen die verfeindete Gruppe der Lenda an.

800 Zivilisten getötet

Im Hintergrund ging es um den Zugang zu den Ressourcen des Landes, vor allem um Gold. In der Minenstadt Mongbwalu soll die UPC zwischen 2002 und 2003 800 Zivilisten getötet haben. Vergangene Woche begann nun das Verfahren gegen Lubanga vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Ihm wird vorgeworfen, die Kindersoldaten zwangsrekrutiert und in kriegerischen Handlungen eingesetzt zu haben. Der Radiosender der UNO-Mission (Monuc) enthüllte, dass Lubanga angeordnet hatte, dass jede Familie einen Beitrag zur Kriegsführung leisten müsse. Die Familien seien demnach gezwungen worden, eine Kuh oder Geld herzugeben oder eben eines der Kinder den Truppen Lubangas zur Verfügung zu stellen.

Kinder zwischen 10 und 16 Jahren rekrutiert

Laut UNO waren in der UPC Kinder zwischen 10 und 16 Jahren rekrutiert, unter anderem Kriegswaisen. Im Kongo sind 55 Prozent der Bevölkerung minderjährig. Die Anklage gegen Lubanga ist nicht nur die erste Anklage vor dem IStGH überhaupt, sondern auch die erste Anklage, bei der es um Kindersoldaten geht. Bislang blieben Milizenchefs, die Kinder einsetzten, straflos. Lubanga wurde im März 2005 verhaftet, nachdem neun UN-Soldaten ermordet worden waren. Der einstige Rebellenchef streitet alle Vorwürfe ab. Völkerrechtlich werden die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern unter 15 Jahren als Soldaten als Kriegsverbrechen geächtet. Der IStGH_kann aber nur eingreifen, wenn der betroffene Staat der Jurisdiktion des Gerichts unterworfen ist. Bisher sind das 104 Staaten, unter anderem der Kongo. Zu den Verbrechen, die vom IStGH geahndet werden können, zählen auch Sklaverei, Folter, Vergewaltigung und Verfolgung aus rassischen, ethnischen und religiösen Motiven. Allerdings betrifft das nur Straftaten, die nach dem 1. Juli 2002 begangen wurden. (red, Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 06.02.2007)