Vom 15-jährigen Ausstieg aus dem Job zum Aufstieg in die Landespolitik: Karin Kadenbach, fünffache Mutter, ist neue SP-Landesrätin in Niederösterreich.

Foto: Robert Newald
STANDARD: Frau Kadenbach, Sie sind für die niederösterreichische Gesundheitspolitik zuständig. Rauchen Sie?

Kadenbach: Nein.

STANDARD: Wie stehen Sie zum derzeitigen gesundheitspolitischen Thema Nummer eins? Sind Sie für Rauchverbote, wie Ihre Parteikollegin Gabi Burgstaller? Für staatlich geförderte Raucherentwöhnung, wie ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky?

Kadenbach: Verbote setzen sehr spät an. Wichtiger wäre zu verhindern, dass junge Menschen mit dem Rauchen überhaupt anfangen. Und, dass all jene unterstützt werden, die sich von der Sucht befreien wollen. Man muss dem Rauchen den Chic nehmen, die Frage von Nichtraucherbereichen in Lokalen ist da eine sehr nachgeordnete.

STANDARD: Obwohl in den Lokalen kräftig mitgeraucht wird?

Kadenbach: Wie viel Zeit verbringt ein Mensch in der Regel in Lokalen, wie viel daheim oder am Arbeitsplatz? Das Problem mit dem Rauchen in Lokalen regelt der Markt. Man muss eher daheim ansetzen, etwa rauchende Eltern aufklären, die ihre Kinder zu unfreiwilligen Mitrauchern machen.

STANDARD: Zum Gesundheitsressort gehört in Niederösterreich auch das pannenanfällige Arztnotrufsystem Lebig. Sehen Sie einen Weg, um hier aus den gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen VP und SP herauszufinden?

Kadenbach: Mich stört es, wenn es in der Politik nicht erlaubt ist, Problemfelder aufzuzeigen - und das war bei diesem Thema lange der Fall. Nun aber ist das Land mit 66 Prozent bei Lebig eingestiegen und hat alle Außenstände von 2003 bis 2006 übernommen. Im Moment ist Lebig daher ein Vorzeigeprojekt.

STANDARD: In Ihrer früheren Funktion als SP-Landesgeschäftsführerin haben Sie auf personelle Erneuerung an der Basis gesetzt. Ist das gelungen?

Kadenbach: Wir haben in den letzten sieben Jahren aus der niederösterreichischen SPÖ eine effektive, serviceorientierte Landespartei gemacht. Im Rahmen der Aktion 'Ich will, ich kann' haben wir Interessierte für konkrete Vorhaben in der Region geworben. Unser Ziel war, 100 Mitarbeiter zu finden, jetzt halten wir bei fast 500, die vor allem in den Regionen an der Verbesserung der lokalen Lebensqualität arbeiten. Bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr wird uns das zugute kommen.

STANDARD: Landespolitisch agiert die SP trotz Modernisierung weiter vorsichtig, vor allem der VP gegenüber. Was kann man so erreichen?

Kadenbach: Die SP ist in Niederösterreich keine Oppositionspartei, sondern trägt aufgrund der Landesverfassung Regierungsverantwortung - mit einer absoluten VP im Landtag als Wermutstropfen. Um im Land so viel wie möglich zu bewegen, müssen wir daher in erster Linie auf Zusammenarbeit setzen. Das geht nur in einem Klima des gegenseitigen Respekts und mit der Bereitschaft, zurückzustecken.

STANDARD: Wie entgeht man hier der Gefahr, über den Tisch gezogen zu werden - ein Vorwurf, der der SPÖ ja auch auf Bundesebene gemacht wird?

Kadenbach: Wichtig ist vor allem die Kommunikation nach außen, die klar macht, wofür man steht. Es muss vermittelt werden, dass, wenn mein Ziel etwa die Abschaffung der Studiengebühren ist, ich das mit dem derzeitigen Regierungspartner aber nicht umsetzen kann, es trotzdem weiter mein Ziel bleibt. Doch diese Vermittlung ist schwierig. Es wurde ja schon in der Regierung Klima manches als SP-Politik verkauft, was klar die Handschrift der VP trug.

STANDARD: Frau Kadenbach, Sie selbst haben fünf Kinder, waren Werbefachfrau und sind jetzt erfolgreiche Landespolitikerin. Sind Sie eine Superfrau, die alles unter einen Hut bringt?

Kadenbach: Na ja, das ist ja nicht alles gleichzeitig passiert, wir reden hier über einen Zeitraum von 25 Jahren. 1984 habe ich erst meine älteste Tochter, dann Zwillinge bekommen - das Leben auf dem Lande mit drei kleinen Kindern hat mich in die Kommunalpolitik gebracht. Ich war damals mit meinem Kinderwagerl unterwegs, vor jedem Lkw habe ich mich auf die Böschung hinaufretten müssen, weil kein Gehsteig da war. Also habe ich eine Unterschriftenliste gestartet, das war der Anfang meiner politischen Tätigkeit. Ich war 15 Jahre lang zu Hause, kenne beide Seiten der Medaille. Meine Schlussfolgerung: So lange wie ich aus dem Beruf auszusteigen, würde ich keiner zweiten Frau raten. (Irene Brickner/DER STANDARD-Printausgabe, 06.02.2007)