Wien - Kurt Schubert, der Begründer der Wiener Judaistik, ist am Sonntag im 84. Lebensjahr gestorben. Schubert war einer der großen Vorkämpfer für den christlich-jüdischen Dialog und ein mutiger Verfechter der Unabhängigkeit Österreichs.

Neben dem europaweit ersten Institut für Judaistik hatte der 1993 emeritierte Universitätsprofessor 1972 auch das Jüdische Museum in Eisenstadt gegründet. Als Präsident des Österreichischen Bibelwerks war Schubert im Kampf gegen den Antisemitismus engagiert.

Schubert besuchte in Wien das Theresianum und war 15 Jahre alt, als Adolf Hitler im März 1938 in Österreich einmarschierte. Den Nationalsozialismus verstand er als antichristliche Häresie, der man zu widerstehen hatte. Deshalb wählte er nach der Matura das Studium der Altsemitischen Philologie. Es erlaubte ihm, sich während der NS-Herrschaft auf "unverfängliche" Weise dem Studium der hebräischen Sprache zu widmen. Zusammen mit Schubert studierten noch drei Theologen - unter ihnen auch der spätere Kardinal Franz König.

Außerdem engagierte sich Schubert - wie auch der spätere Wissenschaftsminister Hans Tuppy und die Zeithistorikerin Erika Weinzierl - in der "Katholischen Studentenseelsorge", aus der die Katholischen Hochschulgemeinden entstanden.

Während des Krieges beim Luftschutz in Wien-Leopoldstadt tätig, rettete der junge Student die Bibliothek des Wiener Rabbinerseminars vor der Vernichtung und sorgte nach 1945 für den Transfer der kostbaren Buchbestände nach Israel. Zum Dank lud ihn die Hebräische Universität von Jerusalem zum ersten Unabhängigkeitstag 1949 nach Israel ein.

Schubert war auch für die rasche Wiedereröffnung der Wiener Universität nach Kriegsende mitverantwortlich. Vom russischen Stadtkommandanten holte sich Schubert dazu die nötige Vollmacht, aus dem Schreibtisch des Rektors den Universitätsstempel. Das nationalsozialistische Wappen schnitt Schubert aus dem Stempel heraus und ersetzte es - behelfsmäßig - durch den Adler des Ständestaates. Zusammen mit Tuppy pflanzte der die österreichische Flagge auf das Dach der Universität. In diesen ersten Tagen war er für die Administration der Universität verantwortlich und damit quasi erster "Rektor".

Im Jänner 1949 habilitierte sich Schubert und wurde 1959 außerordentlichen Professor. 1966 wurde er schließlich ordentlicher Professor für Judaistik. (kathpress, sp/DER STANDARD, Printausgabe, 05.02.2007)