ZUR PERSON
Ursula Xell-Skreiner ist Expertin für konfliktarme Trennungen und Scheidungen. In ihrem gemeinsam mit Astrid Deixler-Hübner verfassten Ratgeber "Scheidung kompakt" hat sie ihre langjährige Praxiserfahrung einfließen lassen: "Nicht alles, was schön begonnen hat, muss schlimm enden. Solange sich der Gesetzgeber aber nicht zu sinnvollen Regelungen durchringen kann, ist Eigenverantwortung gefragt."
Foto: Ruth Ehrmann

Auch "wilde Ehen" zerbrechen. Was tun, wenn die Trennung bevorsteht? Worauf sollte geachtet werden während einer Partnerschaft, damit man/frau hinterher nicht das Nachsehen hat? Birgit Tombor hat sich für dieStandard.at bei Rechtsanwältin Dr.in Ursula Xell-Skreiner über Rechte und Pflichten innerhalb "eheähnlicher Gemeinschaften" sowie homosexueller Partnerschaften erkundigt.

dieStandard.at: Die Kosten des täglichen Lebens werden in einer Lebensgemeinschaft oft nicht separat gezahlt, es wird in den meisten Fällen nicht wirklich Buch darüber geführt. Wenn eine Beziehung, die nicht verehelicht ist, in die Brüche geht, gibt es danach keine Ansprüche des/derjenigen, der/die die Kosten ausgelegt hat?
Ursula Xell-Skreiner: Das verhält sich in einer Ehe genauso. Die Kosten der Lebenserhaltung können nicht geltend gemacht werden. Wenn Einer nur das tägliche Leben finanziert und die andere zum Beispiel großzügig alle Möbel kauft, dann hat der das Nachsehen, der das Leben finanziert hat. Die Ausgaben für Lebensmittel, Telefon, also die ganzen Gebrauchskosten, Urlaub, Versicherungen, das ist alles weg und das was bleibt, die Werte, gehören sie dem/r, der/die sie bezahlt hat.
Daher der Tipp: diese Kosten fifty-fifty teilen, oder aliquot, wenn Eine/r mehr verdient und die/der Andere weniger. Oder sie – wenn man hinterhältig ist – dem Anderen zuschanzen. Aber man soll ja nicht gleich im Vorhinein unfair in einer Beziehung sein. In einer Lebensgemeinschaft soll man Rechnungen aufheben, das ist etwas, was viele nicht tun.

dieStandard.at: Verjähren Rechnungen?
Xell-Skreiner: Nein. Sie sind ein Nachweis dafür, wer was bezahlt hat. Natürlich tauchen Rechnungen im Streitfall dann oft bei Beiden auf oder ohne Namen – dann ist erst wieder nicht klar, wer es eigentlich bezahlt hat.

dieStandard.at: Bei Barzahlung wird das wohl kompliziert sein.
Xell-Skreiner: Ja, aber ich hebe auch als Frau in einem Singlehaushalt Rechnungen über größere Anschaffungen auf, nicht wegen einer Trennung sondern aus Versicherungsgründen. Das ist grundsätzlich vernünftig auch im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft.

dieStandard.at: Wie ist das eigentlich, wenn man einen gemeinsamen Mietvertrag und man sich zerstreitet, sich trennt?
Xell-Skreiner: Unangenehm. Unangenehm deswegen, weil sie solidarisch haften, das heißt, gemeinsam zu ungeteilter Hand gegenüber dem Vermieter, egal was der andere macht oder nicht macht. Wenn der eine seinen Anteil nicht zahlt, aber auch nicht verschwindet oder den Mietgegenstand demoliert, dann haftet die andere für alles mit.
Auch wenn ich mich mit meinem Vermieter verbrüdere, um den anderen hinauszuwerfen, dann geht das nicht. Es ist ein untrennbares Ganzes, selbst wenn man den Vermieter auf seiner Seite hat. Gehen müssen beide und es müssen beide Verhältnisse aufgelöst sein. Man kann nicht einfach ausziehen und sich keine Gedanken mehr machen, sondern man haftet sehr wohl weiter. Also egal was der Andere, den man in der Wohnung hinterlassen hat, anstellt. Man kann sich natürlich einvernehmlich einigen mit dem Vermieter, dass er einen entlässt, aber das tun die selten, warum sollten sie? Er verliert seinen sogenannten Haftungsfond, wenn der, der zurückbleibt, vielleicht noch nie einen Job hatte.

dieStandard.at: Und wenn man sich verträgt und der/die eine meint, trotz der Trennung finanziere ich dir die Wohnung nach wie vor mit? Das wird nicht funktionieren?
Xell-Skreiner: Funktionieren würde es schon, aber es wäre verrückt, denn es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, das zu tun. Ich hab es auch schon erlebt, dass ein Mann seiner Ex-Freundin was zahlen wollte, weil er ein schlechtes Gewissen gehabt hat, dass er sie verlassen hat – ich sage: "Mach das, aber ich setze das sicher nicht auf, denn es sind daraus keine Rechte ableitbar auf Lebenszeit."

dieStandard.at: Aber man kann immer mehr tun als gesetzlich vorgeschrieben.
Xell-Skreiner: Natürlich! Aber da wir schon beim Wohnthema sind: wenn nur einer Mieter ist, oder letztendlich Eigentümer, und der andere zahlt ihm regelmäßig, monatlich in der Regel, einen bestimmten Beitrag zum Wohnen – pauschale Wohnkosten – dann kann man aus der Annahme solcher regelmäßigen Zahlungen ein Mietverhältnis ableiten – und das kann schon ärgerlich sein. Wenn man dann meint, der alleinige Mieter zu sein, kann der andere argumentieren, der Untermieter oder zweite Hauptmieter zu sein. Und daraus entwickelt sich ein Anspruch – er bekommt etwas dafür, dass er geht. Sonst kann man einen Räumungsprozess mit ihm führen und der dauert dann zwei, drei Jahre.

dieStandard.at: Ab welchem Zeitraum gilt der/die Zugezogene als Mieter/in?
Xell-Skreiner: Bei einer Einmalzahlung kann man argumentieren, dass es eine Ausnahme war. Aber das ist sehr selten. Lebensgemeinschaften tendieren dahin, Jahre zu dauern, und erst wenn etwas Jahre gedauert hat, kommen die Leute auf die Idee, dafür etwas zu verlangen. Wenn das ein paar Monate lang eine lockere Geschichte ist, passiert das nicht. Die Streitigkeiten, die Gemeinschaften von fünf, zehn und mehr Jahren beenden – da beginnen die Leute dann nachzudenken und Begehrensneurosen zu entwickeln, was könnte man noch alles verlangen?
Da sind sie auch oft ganz erfinderisch, es ist oft sehr erstaunlich.

dieStandard.at: Haben Sie auch homosexuelle Klientinnen und Klienten?
Xell-Skreiner: Hatte ich noch nicht. Aber ich habe mich damit beschäftigt. Man kann sagen, sie haben so gut wie gar keine Rechte, leider. Ich finde, das ist eine der größten Ungerechtigkeiten, die es gibt. Die leider so schwer beseitigbar sind aufgrund unserer aktuellen Verhältnisse, wobei ich hier keine Kritik an der Regierung üben möchte. Aber das ist eine große Ungerechtigkeit.
Man kann zur Zeit rechtlich begründen, warum Homosexuelle nicht heiraten dürfen. Aber: Es gibt ja auch genügend heterosexuelle Paare, die sich nicht vermehren wollen! Die eingetragene Partnerschaft wird zwar angedacht. Jetzt haben wir wieder eine neue Regierung, jetzt ist wieder alles anders. Ministerin Gastinger war da sehr progressiv, aber leider allein auf weiter Flur.

dieStandard.at: Also keine Ansprüche, keine Pflichten, keine Rechte,...
Xell-Skreiner: Aber auch in der Lebensgemeinschaft ist der einzige Vorteil, den ein heterosexueller Lebensgefährte haben kann, das Mietrechtsgesetz: wenn der eine verstirbt kann der andere in die Mietrechte eintreten – immerhin etwas. In heterosexuellen Beziehungen.

dieStandard.at: Würden Sie unverheirateten Paaren raten zu heiraten?
Xell-Skreiner: Mein Kredo ist: Nicht Alles was schön begonnen hat, muss auch schlimm enden und deshalb habe ich selbst am 31.12.2006 zum zweiten Mal "Ja" gesagt. Auf jeden Fall – ja, es zählt nicht nur die Liebe, aber auch. Ich finde es nach wie vor völlig in Ordnung. Auch von den Scheidungsquoten her. Die Wahrscheinlichkeit, dass es gut geht, liegt ja auch fast bei 50 Prozent.


>>> Zehn übersichtliche Tipps zur rechtlichen/finanziellen Gestaltung der Lebensgemeinschaft von Rechtsanwältin Ursula Xell-Skreiner

  • 1.: Alltagskosten teilen

    Teilen Sie sich die Kosten des täglichen Lebens für Miete, Telefon, Freizeit, Urlaub, etc – am besten halbe-halbe oder in einem den beiden Einkommen angepassten Verhältnis. Sie können später nicht von der anderen/vom anderen rückgefordert werden. Bei einer gerechten Aufteilung fühlt sich dann niemand ausgenützt.

  • 2.: Gleich viel investieren

    Die einzelnen "bleibenden Werte" (z.B. kostbare Möbel) sollte zwar immer nur eine/r bezahlen – nach finanzieller Möglichkeit investieren beide aber am besten eine ähnliche Gesamtsumme. Wird gemeinsam bezahlt, ist später mühsames Aufrechnen nötig.

  • 3.: Belege aufbewahren

    Sammeln Sie beide die von Ihnen bezahlten, größeren Rechnungen und bewahren Sie ev. auch eine Kopie außerhalb der gemeinsamen Wohnung auf.

  • 4.: Gemeinsame Miete

    Wenn Sie eine Wohnung gemeinsam neu mieten, einigen Sie sich am besten schon im Vorhinein, wer bei einer Trennung bleiben würde. Sonst tut dies später im Streitfall das Gericht – nach Kriterien wie persönlichem Bedarf oder dem Wohl etwaiger gemeinsamer Kinder. Hinauswerfen kann man einander jedenfalls nicht.

  • 5.: Nur eine/r ist Mieter/in

    ACHTUNG: Zieht ein/e Partner/in zur anderen/zum anderen und bleibt diese/r offiziell alleinige/r Mieter/in, kann die/der andere trotzdem zur/m Mitmieter/in werden – etwa, wenn sie/er dieser/m regelmäßig "Wohnkosten" überweist. Noch prekärer: Die/Der "Zugezogene" überweist ihren/seinen Anteil gleich direkt an den Vermieter, dieser akzeptiert das stillschweigend. Die faire Lösung: Die/Der bisherige Mieter/in zahlt am besten weiter alleine, die/der Partner/in bestreitet andere, ebenfalls nicht rückforderbare Alltagskosten in ähnlicher Höhe.

  • 6.: Ein/e Alleineigentümer/in

    Auch wenn ein/e Partner/in Alleineigentümer/in der Wohnung ist, sollte die/der andere kein Geld für Wohnzwecke an sie/ihn überweisen. Ehe man sich´s versieht, kann diese/r dadurch zur/m Hauptmieter/in werden. Auch hier gilt: Besser, die/der eine stellt ihre/seine Wohnung zur Verfügung, die/der andere revanchiert sich etwa durch Übernahme sämtlicher Einkäufe und Restaurantrechnungen.

  • 7.: Gemeinsames Eigenheim

    Beim gemeinsamen Kauf einer Wohnung (seit 2002 für Lebenspartner/innen möglich), können Sie sich bei Trennung über die Aufteilung bzw. Verwertung einigen oder eine Aufhebungsklage anstreben. Entweder wird ein/e Ex- Lebensgefährtin/ -gefährtin dann gegen Abschlagszahlung Alleineigentümer/in oder die Wohnung wird verkauft/versteigert und der Erlös geteilt. Eine Vorsorge für diesen Fall ist ebenfalls ratsam – mit Anwältin/Anwalt oder Notar/in. Für die ersten drei Jahre ab Eintragung der Wohnungseigentümerpartnerschaft im Grundbuch kann man eine solche Aufhebungsklage sogar vertraglich ausschließen.

  • 8.: Gesellschaftsvertrag

    Bevor Sie ein gemeinsames Unternehmen gründen: Errichten Sie bei einer/m Anwältin/Anwalt oder Notar/in einen Vertrag für den Fall des Scheiterns der Beziehung.

  • 9.: Geschenkt ist geschenkt

    Ein großer Streitpunkt sind Schenkungen. Sie können grundsätzlich nicht rückgefordert werden, wenn der Schenkungswille evident war – was zu Anlässen wie Geburtstag oder Weihnachten eher der Fall ist. Gerne werden die Geschenke jedoch im Nachhinein als "Leihgaben" dargestellt. Hier würde eine schriftliche Bestätigung Klarheit schaffen, was in der Praxis aber zu frühzeitigem Misstrauen führen kann. Es sei denn, Sie vereinbaren dies schon zu Beginn für beiderseitige Schenkungen.

  • 10.: Testamentarisch vorsorgen

    Sorgen Sie auch für den Ablebensfall testamentarisch vor – denn unverheiratete Paare sind wechselseitig nicht erbberechtigt. Im Fall des Falles muss sich die/der überlebende Partner/in sonst mit den gesetzlichen Erbinnen/Erben herumschlagen. (red)