In Ptuj findet der bedeutendste Fasching Sloweniens statt.

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Foto: Fremdenverkehrsamt Ptuj

Mächtige, zottelige Gestalten im Schafspelz mit riesigen Köpfen, langen roten Zungen und bunten Blumen zwischen den Hörnern ziehen täglich nach Einbruch der Dunkelheit durch die steilen Gassen der mittelalterlichen Stadt. Sie kommen aus den umliegenden Dörfern hierher und versammeln sich am Abend auf dem Rathausplatz. Um die Mitte hat jedes der dämonischen Wesen fünf schwere Kuhglocken geschnallt. Mit rhythmischen Hüftschwüngen läutet die Gruppe den wilden Tanz ein. Pelzige Arme schwingen Holzkeulen, die kräftig hüpfenden Beine stecken in knallroten Strümpfen. In diesen Tagen im Februar (10.-20.) werden wieder laut die bösen Wintergeister vertrieben, es ist Faschingszeit in Ptuj. Die Zeit der Kurenti.

Bemerkenswert schön liegt die Stadt am Flussufer der Drau, umrahmt von den Hügelketten Slovenske Gorice und Haloze. Mit einem Burghügel und schönem Schloss oben drauf. Die Geschichte von Ptuj wurde geprägt durch die verkehrsgünstige und strategisch wichtige Lage am Drauübergang, einem Knotenpunkt der a Handelswege durch Europa.

Die erste städtische Siedlung, Petovia genannt, hat sich aus dem Militärlager in der Provinz Pannonien entwickelt, das die Römer vor 2000 Jahren hier errichteten. Mit Stolz verweist Ptuj/Pettau auf das kulturelle Erbe aus dem Altertum und den Status, die älteste Stadt Sloweniens zu sein. Die erste schriftliche Erwähnung datiert aus dem Jahre 69 n. Chr., anlässlich der Kaiserwahl Vespasians in Petovia. Es fällt leicht, Relikte aus der Römerzeit zu finden. An erster Stelle steht das auffallend hohe Orpheus-Denkmal vor dem Stadtturm, das im Mittelalter als Pranger diente. Das archäologische Museum und fünf Mithräen-Kultstätten ergänzen das Spektrum.

Tapetenwechsel

In der Werkstätte des Meisters der Masken, Herrn Marko Klinc, herrscht bei unserem Besuch Hochbetrieb. Eigentlich ist er Möbeltapezierer, die Kunst der Maskenherstellung erlernte er von seinem Vater. Dieser war seit den 1950er-Jahren der erste Professionist für aufwändige Kurent-Kostüme. Der Kurent sei ein mystisches Geschöpf vom Land um Ptuj herum, berichtet er, die Masken machte man seinerzeit nur für sich selbst. Im Winter in den Ställen.

Den Kern der Kopfmaske aus buntem Rindsleder fertigt er nach Maß, seine Frau Angelika malt das Gesicht auf. Weiße Bohnen werden zu Zähnen, Besenstroh wird Schnurrbart, etwas Fell kommt in die Nasenlöcher und die lange rote Zunge ist bald fixiert. Als klar unterscheidbaren Schmuck am Kopf tragen die Kurenti vom rechten Drauufer Kuhhörner, für die linke Seite klebt Branko Klinc riesige Ohren aus Gänsefedern an. Dazwischen drapiert er Schaffell, aus weiteren fünf Fellen näht er den Mantel. Die gestimmten Kuhglocken bezieht er zwar aus Tirol, aber die Holzkeule muss traditionellen Ansprüchen genügen: Sie wird mit einem stacheligen Ring aus Igelhaut bezogen, und dafür sammelt die Familie schon während des gesamten Jahres überfahrene Tiere.

In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich das Kurentovanje zum bedeutendsten Fasching Sloweniens. Traditionelle bäuerliche Masken, angeführt vom mächtigen Kurent, sah man im Rahmen organisierter Umzüge erstmalig 1960 in der Stadt. Das zunächst archaische Treiben wurde immer beliebter, das Programm dichter und mit internationalen Gruppen durchmischt. Diese Tage sind faszinierend zu erleben, aber vor allem intensiv für die Menschen hinter den Masken. Jede Nacht wird in einem Zelt gefeiert, wo ganz unterschiedliche Musikgruppen den Tanz begleiten. Sehenswert ist übrigens auch der traditionelle Umzug am Faschingssamstag im Dorf Markovci, nur sechs Kilometer von Ptuj entfernt.

Eingeläutet wird der Fasching zu Mitternacht nach Mariä Lichtmess. Als erster Höhepunkt ziehen heuer am 10. Februar alte, volkstümliche Gruppen aus der Region durch die Altstadt, laut knallend angekündigt von einem Maskierten mit langer Peitsche, dem Pokac. Kurenti und Konsorten steigern ihre Aktivitäten in der darauf folgenden Woche täglich bis zum großen Umzug am Faschingssonntag. Eingeladen sind auch die nächsten Verwandten: Perchten aus Österreich, Kroatien, Italien und Mazedonien.

Hinter den Kulissen

Allzu sehr sollte man sich von dem Tross dennoch nicht ablenken lassen, denn auch die Kulisse ist ein Schauspiel: Am Fuß des Schlossberges führt die Hauptader von Ptuj, die Presernova-Gasse, vom Dominikanerkloster in Richtung historischem Stadtzentrum zur St. Georg Kirche mit dem markanten Stadtturm, zum Alten Rathaus und zum Stadt-Theater. Das geschlossene Ensemble der ein- bis zweistöckigen Bürgerhäuser, im Mittelalter Marktplatz, stellt ein architektonisches Juwel dar – das Hotel "Mitra" sticht mit der neobarocken Fassade in leuchtendem Rot vortrefflich heraus.

Am nächsten Eck führt die stimmungsvolle Grajska-Gasse steil bergauf zum Schlossberg. Die Anfänge des wehrhaften, vornehmen Schloss Ober-Pettau reichen bis ins 9. Jahrhundert zurück. Sein elegantes Aussehen erhielt es allerdings erst im 16. Jahrhundert im Zuge der Modernisierung der Befestigungen durch italienische Baumeister.

Das Schloss beherbergt heute das Landesmuseum von Ptuj. Wertvolle Sammlungen gibt es beim Rundgang durch die ehemaligen Gemächer der Familie Herberstein zu sehen – und als perfekte thematische Ergänzung zeigt der Ethnologe Andrej Brence im zweiten Stock eine beachtliche Maskenschau vom Kurent und seinen Freunden. (Brigitte Breth/Der Standard/Printausgabe/3./4.2.2007)