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Rajendra Pachauri, Vorsitzender des IPCC, setzt darauf, dass der neue Klimabericht die Regierungen aufrütteln wird.

Foto: APA/EPA/Maya Vidon
Der Weltklimarat IPCC wird am Freitag in Paris die Kurzfassung seines neuen Klimaberichts für die Politik veröffentlichen. Noch nie waren mehr Wissenschafter daran beteiligt, und noch nie sind die Warnungen der Klimaforscher dramatischer gewesen als diesmal.


Paris – So viel Aufwand um einen einzigen Bericht wurde in der Geschichte der Wissenschaft wohl noch nie getrieben: Mehr als 500 Wissenschaftler aus aller Welt haben unmittelbar daran mitgearbeitet. Und begutachtet wurde das Dokument, das heute am Vormittag präsentiert wird, von knapp 200 Regierungen und ihren Vertretern. Dabei ist das nur die erste Fassung des Klimaberichts, nämlich seine Zusammenfassung für die Entscheidungsträger. Die umfangreichere wissenschaftliche Version, die Forschungsergebnisse aus den vergangenen sechs Jahren von 2500 Forschern aus 130 Ländern berücksichtigen wird, folgt erst in den nächsten Monaten. Geht man von der bisher bekannten Fassung aus, dann ist mit dramatischen Diagnosen und drastischen Empfehlungen zu rechnen – inklusive Selbstkritik am letzten IPCC-Klimabericht, der 2001 verabschiedet worden war. In den vergangenen sechs Jahren haben sich vor allem die Erkenntnisse der Wissenschaft über den Klimawandel enorm vergrößert: So heißt es in der vorläufigen Version, dass der Zusammenhang zwischen dem Verbrennen von Kohle und Öl und der Erderwärmung zu 90 Prozent sicher sei. 2001 war diese Wahrscheinlichkeit noch mit 66 Prozent beziffert worden.

Drastische Diagnosen

Die nüchtern formulierten Diagnosen der Forscher sprechen eine deutliche Sprache: Nimmt man die letzten 150 Jahre her, dann sind elf der zwölf wärmsten Jahre in den Zeitraum von 1994 bis 2005 gefallen. Mittlerweile hat man auch bewiesen, dass die Erwärmung nicht nur die höheren Schichten der Atmosphäre betrifft, was im dritten IPCC-Bericht 2001 noch unklar war, sondern die Ozeane bis in 3000 Meter Tiefe. Das Abschmelzen von Gletschern und Polareis wiederum lasse den Meeresspiegel seit dem Jahr 2000 um 0,77 Millimeter jährlich anwachsen. Und weil erwärmtes Wasser sich ausdehnt und das die Meere der Welt zusätzlich anschwellen lässt, steigen die Meeresspiegel derzeit insgesamt um rund 3,1 Millimeter pro Jahr. Besonders betroffen ist die Arktis: Das Nordpolarmeer dürfte um 2050 im Sommer eisfrei sein. Für die kommenden 30 Jahre wird mit einer weiteren globalen Erwärmung von 0,7 Grad gerechnet. Danach hängt viel vom Verhalten der Menschheit ab. Geht man allerdings von einer weiter wachsende Wirtschaft aus und davon, dass Erdöl weiterhin im Zentrum der Energiegewinnung stehen, dann kommen Computermodelle auf eine globale Erwärmung von 2,4 bis 6,3 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts.

Schock-Therapie

Die Autoren der Studie setzen jedenfalls darauf, dass diese einen heilsamen Schock in der Politik, der Wirtschaft und uns Verbrauchern auslösen wird. In den Worten des IPCC-Vorsitzenden, des indischen Klimaforschers Rajenda K. Pachauri: "Ich hoffe darauf, dass der Bericht die Menschen und Regierungen so aufrütteln wird, dass sie entschlossen handeln." Und vielleicht sind diese Hoffnungen ja doch berechigt: Immerhin hat selbst US-Präsident George W. Bush den Klimawandel vor kurzem als "ernste Herausforderung" identifiziert. (Klaus Taschwer/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 2.2. 2007)