Foto: STANDARD/ VOTAVA
"Ein bisschen an den Rädchen drehen und die Dinge humaner und gerechter machen." Herbert Bösch, SPÖ-Abgeordneter im EU-Parlament und frisch gewählter Chef des Haushalts-Kontrollausschusses und damit über ein Budget von 115 Milliarden Euro, formuliert seine politischen Ziele eher leise. Es sei für ihn wichtig, zu Grundsätzen zu stehen - auch wenn sie von anderen verletzt würden, auch wenn sie von der eigenen Partei manchmal vergessen würden. Und einer der Grundsätze des Vorarlbergers lautet, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen:

Die SPÖ habe sich über Europa noch viel zu wenig den Kopf zerbrochen, deshalb liege die EU-Politik Österreichs seit jeher in "schwarzen Händen". Das habe die SPÖ bis heute nicht begriffen. "Wir brauchen die kleinen Leute in der EU, die SPÖ-Wähler." Die EU des Kapitals gebe es nämlich schon. Die Politik seiner Partei sei hier "reaktionär".

Die Beantwortung der wirklich wichtigen politischen Fragen setze einiges voraus: Wer gewisse ökonomische Zusammenhänge nicht begreife, scheitere an der Beantwortung vieler Themen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges habe es keine nennenswerte Diskussion über einen sozialdemokratischen Gegenentwurf zur globalisierten Welt gegeben.

Herbert Bösch wurde 1954 in Feldkirch geboren und studierte von 1973 bis 1978 im deutschen Konstanz Soziologie und Politologie. Der verheiratete Vater von drei Kindern sitzt seit dem Beitritt Österreichs zur EU 1995 im EU-Parlament und war davor in der Landespolitik und im Nationalrat tätig. In seiner Freizeit widmet sich Bösch neben seiner Familie gerne "dem Garten", und, ganz EU-Bürger, lernt er gerade Spanisch. Bösch gilt als einer der Gründerväter der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf. Der Vorschlag zur Gründung 1999 kam von ihm nach den Skandalen und dem damit verbundenen Rücktritt der Santer-Kommission. Damit hat sich Bösch, den langjährige Kollegen als "Dickschädel im positiven Sinn" bezeichnen, einen Namen als "stiller Saubermann" gemacht - quasi ein Gegenentwurf zu seinem engeren Landsmann Hans-Peter Martin.

Als einen seiner bedeutendsten Erfolge im Rahmen seiner europäischen Laufbahn bewertet Bösch die Abschaffung der EU-Exportsubventionen für Lebendtiertransporte. "Dafür habe ich mich jahrelang, nicht nur im Haushaltskontroll-, sondern auch im Budgetausschuss eingesetzt. Die Beendigung dieses subventionierten Tierleids und zugleich betrugsanfälligen Systems hat mich sehr gefreut", meint Bösch. Große Hoffnungen setzt er auf seine ehemalige Parlamentskollegin und nunmehrige Justizministerin Maria Berger. "Da ist endlich eine in der Regierung, die weiß, wie man Europa schreibt." (Michael Moravec, DER STANDARD, Print, 1.2.2007)