Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (li.) warf sich in den Trachtenanzug und nutzte das Bundesratsplenum zur Ortstafelinszenierung. Vizekanzler Molterer (re.) missfiel’s.

Foto: Newald
Die Regierungsspitze präsentierte am Mittwoch ihr Programm vor dem Bundesrat. Die heiße Kartoffel Verwaltungsreform war dabei ebenso Thema wie die Kärntner Ortstafeln. Da schlüpfte Jörg Haider gleich in den Trachtenanzug und gab juristische Nachhilfe.

* * *

Wien – Einmal war er bereits hier: von 1991 bis 1993. Am Mittwoch kehrte Alfred Gusenbauer (SPÖ) als Kanzler in den Bundesrat zurück. Und was er dessen Mitgliedern in seiner Antrittsrede präsentierte, entnahm er zumindest zeitweise wortwörtlich jenem Programm, das er den Abgeordneten bereits im Nationalratsplenum vorgelegt hat.

Etwa wenn es um die „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ geht: Da darf das Sprachbild vom „sozialen Sprungbrett“, das „keine Hängematte“ ist, nicht fehlen. Und in Zusammenhang mit der geplanten Flexibilisierung des Kindergeldes ist das Wording von der „Chance für die Frauen“ fixer Bestandteil. Was Gusenbauer in der Länderkammer nur mit einem Halbsatz streifte, war hingegen die Verwaltungsreform, die ja immerhin unter „Herzstück“ in der Regierungserklärung firmiert.

"Stolz auf den Föderalismus"

Das anzusprechen oblag Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP). Und der schmeichelte den Abgeordneten einerseits mit seinem „Stolz auf den Föderalismus“. Mit dem Finanzausgleich stünden jedoch „nicht uninteressante Verhandlungen“ an. Gleichzeitig versprach Molterer, mit der nun vorhandenen Zweidrittelmehrheit „mit besonderer Sensibilität“ umzugehen. Nicht der „Konflikt, sondern der Konsens“ solle – auch in Zusammenhang mit den Kärntner Ortstafeln – handlungsführend sein.

Auftritt Jörg Haider, Landeshauptmann von Kärnten: „Einen Konsens der politischen Eliten wird’s sicher nicht spielen.“ Er begrüße daher die Position der Regierung, eine politische Lösung im Konsens mit der Bevölkerung finden zu wollen.

Er, Haider, habe seine Aufgaben ja gemacht, nutzte der BZÖ-Chef die Plattform der Länderkammer zur Ausbreitung seiner Ortstafelwelt. „Und ich werde auch weiterhin für sozialen Frieden sorgen“, ging es weiter im Text. Nach verbalen Angriffen auf „nationalistische Slowenen“ sowie erneute Aufregung über angebliche Schulatlanten, in denen die Grenze zwischen Slowenien und Österreich falsch eingezeichnet sei, schlüpfte Haider wieder in die zum Trachtenanzug passende Rolle des vernünftigen Landesvaters: „Es ist unfair, dem Amtsträger und dem Bundesland gegenüber so zu tun, als würde die Verfassung nicht eingehalten“ (siehe Wissen).

Unguter Nachbar

Verteidigungsminister Nobert Darabos (SP), der bislang neben Haider am Rednertisch gesessen war, zog es daraufhin vor, den Vortrag aus einem anderen Winkel des Saales weiterzuverfolgen. Es macht sich eben nicht gut, neben jemandem abgelichtet zu werden, während dieser – so Darabos sinngemäß – die Regierungserklärung dafür missbrauche, um an den Grundfesten der Verfassung zu kratzen.

Auch wenn Haider versuchte, sich vor den Abgeordneten konstruktiv zu geben. Mit seiner Forderung nach einer geheimen Minderheitenerhebung und seiner Absage an das im Vorjahr unter den Parteien paktierte Karner-Paket samt „Öffnungsklausel“ sprechen eine andere Sprache. Haider wörtlich: „Die Lösung von vergangenem Jahr hat einen großen Pferdefuß: die Öffnungsklausel. Das wird nicht funktionieren.“

Der grüne Bundesrat Stefan Schennach empörte sich im Anschluss darüber, dass Haider „fortwährend die obersten Organe der Republik Österreich frozzelt und Rechtsbruch auf Rechtsbruch setzt“. Und mit Bezug auf Haiders juristische Argumentation meinte Schennach: „Das ist Rechtsbeugung – eine Bundesregierung, die dies akzeptiert, hat schon verloren.“ (Karin Moser, DER STANDARD, Printausgabe 1.2.2007)