Monroe Price und seine Mutter Alice: Blicke auf Wien von außen, in Buchform aufgearbeitet

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Wien - "Born in Vienna", diesen Eintrag fand Monroe Price, amerikanischer Universitätsprofessor jüdischer Abstammung, in all seinen Dokumenten. Mit diesem Geburtsort verband Price aber nichts, außer dem Gefühl, ausgestoßen worden zu sein. 1938 flohen seine Eltern mit ihm, erst ein paar Monate alt, in die USA.

In seinem Werk "Born in Vienna" (Drava Verlag), das Price in Kooperation mit dem Standard am Donnerstag in der Esra in Wien-Leopoldstadt vorstellte, versucht er seine Wurzeln zu ergründen.

Komplize

Price, der als Amerikaner aufwuchs, ist noch immer von seinem österreichischen Pass befremdet. Als er ihn zum ersten Mal neben seinem amerikanischen liegen sah, fragte er sich: "Bin ich jetzt ein Komplize derer, die den Holocaust verursacht haben?"

Durch das Buch wollte Price sich Wien annähern. Was daraus wurde, ist ein Werk über die Selbsterforschung eines Mannes, den zwei Lebenswelten prägen, von denen er aber nur eine kennt. Er hätte zwar Wien als Kulturstätte, durch die Erzählungen seiner Eltern gekannt, aber die echte Stadt und die Menschen waren ihm fremd, erklärt Price. Oft fragt er sich, was aus ihm geworden wäre, wenn er nicht in Cincinnati, sondern in der Taborstraße, im zweiten Bezirk aufgewachsen wäre.

Seine Mutter, Alice Price, kennt solche Gedanken nicht. Obwohl sie lange Zeit in Wien lebte, empfindet die rüstige Dame heute nichts mehr, wenn sie die Stadt besucht. Nur auf eine Frage hat Alice Price in nun schon fast siebzig Jahren keine Antwort gefunden: "Wieso waren wir plötzlich nichts wert, warum diese Grausamkeit?" Eine Frage, die auch das Buch ihres Sohnes nicht beantworten kann. (Lisa Kranzer, DER STANDARD Printausgabe, 27./28.01.2007)