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Premier Viktor Janukowitsch sagt seinem Land mehr innere Demokratie und ein großes wirtschaftliches Wachstum voraus.

REUTERS/Pascal Lauener
Um die Ukraine ging es Freitag bei einer Veranstaltung, zu der sich mehr als 300 Teilnehmer am World Economic Forum ins Hotel Schweizerhof drängten. Vorn stand Viktor Janukowitsch, gegen den sich die "orange Revolution" gerichtet hatte, der nun aber Premier ist. Viktor Juschtschenko, 2004 der von Unbekannten vergiftete Held, ist nun Präsident und muss mit dem Rivalen, den er früher als Wahlschwindler bekämpft hatte, politisch kooperieren.

Sein Land sei dabei, die innere Demokratie zu stärken, er schätze die Kritik der Medien und der Opposition. Westlichen Investoren sagte Moskau-Freund Janukowitsch für die nächsten fünf Jahre ein Wachstum der ukrainischen Wirtschaft um die sieben Prozent und rechtsstaatliche Verhältnisse voraus. Nach einer Video-Botschaft von Bill Clinton, der der Ukraine "volle Unterstützung" wünschte, ergriff Vaira Vike-Freiberga das Wort. Die bekannt unverblümte Präsidentin Lettlands wünschte dem Nachbarland bei der Herstellung demokratischer Verhältnisse, für die schon zu viel Zeit vergangen sei, Erfolg: "Das ukrainische Volk hat sich besseres verdient."

Der Milliardär George Soros erklärte die Ukraine im vorjährigen Kampf um die Gasbezüge aus Russland zum Verlierer. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn zitierte den britischen Historiker Eric Hobsbawm, der meint, Europas Ostgrenze sei eine intellektuelle, eine der Werte. Als er zu den EU-Ambitionen der Ukraine ein schillerndes "never say never" sagte, machte sich ein Teil des Publikums schon wieder auf den Weg. Darunter war der brasilianische Bestsellerautor Paula Coelho ebenso wie Stuart Eizenstat, der Ex-US-Regierungsverhandler in Restitutionsfragen, der mit Gummigaloschen durch den verschneiten Ort gestapft war.

Die Mischung aus Tratsch und hochgestochenen Reden ist typisch für Davos, und seit ungezählte Blogger alle Beobachtungen ins Internet stellen, nimmt der Tratsch noch zu. Ein Blogger der Financial Times schreibt, dass er den Abend davor neben Janukowitsch bei einer Weinprobe gesessen sei, mit diesem mangels gemeinsamer Sprache aber kein Wort wechseln konnte. Als Janukowitsch ging, habe es sich der Brite verkniffen, aus dessen unberührten Gläsern mit Latour 1952 und Lafitte 1962 zu trinken, weil "es in dieser Weltgegend unangenehme Vergiftungsfälle" gegeben habe.

Wer den Ukrainern zuhörte, musste auf Präsentationen des malaysischen Premiers oder eines russischen Energieexperten verzichten. Entschieden wird aber bei den öffentlichen Treffen ohnehin nur selten etwas. Mehr Gewicht haben jene hinter verschlossenen Türen, bei denen sich Spitzenvertreter verschiedener Branchen unterhalten. (Erhard Stackl aus Davos/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.1.2007)