Wert wie Anschauungsgehalt der über Heinz-Christian Strache seit jüngster Zeit im Umlauf befindlichen "Jugendsportfotos" differieren unterschiedlich - aber doch je nach ästhetischer Befangenheit. Denn aus Straches in grauer Vorzeit datierender Lust, ähnlich rastlose, den Schrecken des Tannenreises wie der Finsternis nicht abgeneigte Sportskameraden um sich zu versammeln, um sie im Zuge eines in Kärnten angesiedelten Geländespieles farblich als Totalversager zu markieren, lassen sich treffliche Bildlegenden komponieren.

Die ORF-Sendung Offen gesagt ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Aus "Spielen" - die offenbar der Bedeckung durch Wehrmacht-ähnliche, kostengünstige, ordentlich strapazierfähige Kleider und Mützen bedürfen - wurden im Jargon der Deutungskünstler allmählich "Kinderspiele". Diese wurden - nach Verstreichen gewisser Schicklichkeitsfristen innerhalb des Sendungsverlaufs - umstandslos einem Gebaren zugeschlagen, das ansonsten den honorigen, übrigens einem rigorosen Internationalismus verpflichteten Pfadfindern eignet.

Als sich die TV-notorischen Vertreter des "Dritten Lagers" bereits den üblichen Selbstzerfleischungen zuwandten, plötzlich sogar das stolze Elternwort von den "Kinderfotos" die launige Runde machte, war der Sachverhalt endgültig der Sphäre der hochnotpeinlichen Selbstverständigung überantwortet.

Aus den Bildern spricht, ungeachtet ihres dokumentarischen Freizeitcharakters, ein rein katastrophischer Zusammenhang mit der österreichischen Lebenswelt. Es ist keine Kleinigkeit, dass sich Menschen, die an der Schwelle zur strafmündigen Rechtsfähigkeit zumindest bildlich ihre Lust am Dreinschlagen entdecken, läppischer "Fehler" bezichtigen. Ob nun Wehrsportgruppe oder nicht: Offenbar existiert in entsprechend sozialisierten Kreisen eine Bildersprache des "Ernstfalls", die ihre gelehrige Adepten zumindest symbolisch lehrt, was es geschlagen haben könnte, wenn man nicht beizeiten die eigene Wehrtüchtigtkeit gewissenhaft überprüft.

Es gibt keine Bildrettung eines Denkens, das in den späten 1980ern bereits den komatösen Weltkommunismus strapazieren musste, um den eigenen, von Kärntner Herzogstühlen gepflasterten Wald nach Kräften mit Farbbeuteln zu bekleckern.

Die dahinter stehende Logik des "Ernstfalls" basiert, ungeachtet ihrer philosophischen Wurzeln bei Carl Schmitt, auf einer Prämisse der Vorläufigkeit unserer Demokratie, welche - eingedenk ihres unbestreitbaren Gewaltmonopols - keiner kindlichen Hüter bedarf, um sich einer (imaginierten) linken Bedrohung noch im Modus des Trainings zu erwehren.

Es handelt sich bei besagten Fotos daher um Zeugnisse des Alarmismus. Jugendliche stärken ihre angeblich geforderten Aufmerksamkeitskräfte durch das Zitat einer linken Bedrohung, der stilgerecht, das heißt: im zitierten Wehrmachts-Outfit, entsprechend dramatisch begegnet wird.

Dergleichen Internalisierungsübungen, obzwar an der Schwelle zum Erwachsenwerden betrieben, sind in der Tat kein Fall für eine nachträgliche strafrechtliche Begutachtung.

Aber sie gehören zu einer offenbar unausrottbaren Folklore, die ihr hoffnungsloses Zurückbleiben hinter den Anforderungen einer unbarmherzig auf Wettbewerb getrimmten Globalisierungskultur als kindliche Unbedenklichkeit ausgibt.

Nur so kann die Gewaltförmigkeit von spielender Weltaneignung ihren Ruch der Unzurechnungsfähigkeit getrost beibehalten: Sie verortet sich diffus in den Gesellschaftsschlachten einer Vorvergangenheit, die als Testlauf für kommende Weltaufteilungskämpfe noch einmal das Inventar der Verständigungsmittel ins Gedächtnis ruft! (Ronald Pohl/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2007)