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Der jüdische Friedhof in Wien-Währing.

Foto: APA/IRENE ZOEHRER
Wien - Die Bemühungen um den Erhalt des jüdischen Friedhofs Wien-Währing sind am Montag, 22. Jänner, mit einem von den Wiener Grünen initiierten Stadtexperten-Gespräch fortgesetzt worden. Der Friedhof verfällt seit Jahren, der Orkan Kyrill hat vergangene Woche für weitere Verwüstungen gesorgt - doch für eine notwendige Sanierung fühlen sich weder die Stadt Wien noch der Bund zuständig. "Die heiße Kartoffel wird im Kreis geschoben", konstatierte Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde.

Die Republik habe sich im Zuge der Restitutionsverhandlungen im Washingtoner Abkommen von 2001 verpflichtet, ihren Beitrag zum Erhalt der zwischen 65 und 100 erhaltenen jüdischen Friedhöfe in Österreich zu leisten, so Muzicant. Die Kultusgemeinde ist Eigentümer des Friedhofs. Zur Verwaltung öffentlicher und privater Spendengelder ist eine Stiftung angedacht. Diese soll u.a. der Erhaltung der rund 250.000 jüdischen Gräber in Wien - davon 7.000 am alten Währinger Friedhof, der inzwischen zum Bezirk Döbling gehört - verpflichtet sein.

Gefahrloser Zugang muss ermöglicht werden

Doch so weit ist man noch lange nicht. Die Diskussion mit politischen Vertretern, Historikern, Landschaftsplanern, Museumsbeauftragten und Journalisten wies nicht nur auf die Verantwortung des Bundes, sondern auch auf jene der Stadt hin. Bevor schrittweise eine Sanierung in Angriff genommen werden könnte, müsste zu Beginn einmal der gefahrlose Zugang zum Friedhof von der Stadt Wien ermöglicht werden, fasste die Klubchefin der Grünen im Wiener Rathaus, Maria Vassilakou, zusammen. Dies würde den Angaben von Muzicant und dem Restitutionsbeauftragten der Stadt Wien, Kurt Scholz, 400.000 bis 800.000 Euro kosten.

Bisher stellt die Stadt 250.000 bis 300.000 Euro zur Verfügung, so Scholz. "Würde die Regierung diese Summe verdoppeln, wäre einmal ein minimaler Beitrag geleistet." Für ihn ist die 1784 errichtete und mittlerweile denkmalgeschützte Anlage ein "kulturhistorisches Juwel", das sich, wenn man nichts tue, von selbst zerstöre. Bereits jetzt liegen Grüfte offen, Grabsteine sind umgestürzt, die Steine sind überwuchert und zerfallen. Die durch den Sturm Kyrill angerichteten Schäden verschlimmerten das Bild durch umgeknickte und quer über den Gräbern liegende Bäume. Eine Generalsanierung des Areals wurde zuletzt auf 14 Mio. Euro geschätzt.

Führungen

Begonnen wurde die neue Initiative zur Rettung des jüdischen Friedhofs bereits zum Jahresbeginn mit einstündigen Führungen der Historikerin Tina Walzer. Zudem werden umliegende Schulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen durch die Organisation Educult in die Arbeit miteinbezogen. Vassilakou zuversichtlich: "Man muss nur einmal beginnen." Die Grünen wollen demnach zumindest auf kommunaler Ebene weiterhin für Bewusstseinsbildung sorgen. Und auch wenn damit wieder ein Fenster zum Erhalt des Friedhofs offen sei, müsse gleichzeitig klar sein: "Jetzt ist der Bund am Zug." (APA)