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Foto: Archiv
Vor einigen Jahren zeigten die heimischen Mobilfunker wie man über sein Handy und eine SMS ein Erfrischungsgetränk aus einem Automaten "zaubern" oder Fahrscheine kaufen konnte. Der e- oder m-Commerce, also die Geschäftsabwicklung über Internet oder Handy, ist ein boomendes Thema, das zwischen den brennenden Fragen Sicherheit und BenutzerInnenfreundlichkeit auf AnwenderInnensuche ist und sich immer stärker etabliert.

NFC - die Zukunft?

Am Mittwoch gaben vier prominente Vertreter der Branche eine Pressekonferenz um über den ersten umfassenden weltweiten Feldversuch einer neuen Hoffnungstechnologie zu berichten. Die Mobilkom Austria, NXP Semiconductors, Voest Alpine Informationstechnologie und die FH Hagenberg haben sich der Entwicklung und Förderung des kontaktlosen Übertragungsstandards NFC - Near Field Communication - verschrieben und wollen diesen von Graz beziehungsweise Gratkorn aus zum Erfolgslauf um die Welt ausschicken.

Was ist NFC?

NFC ist ein "spannendes Thema. Eine Technologie, die bereits bekannt ist, wo sich aber nun die Frage stellt was kann man damit tun?", so Hannes Ametsreiter von der Mobilkom Austria bei der Pressekonferenz. NFC ist allen voran einmal ein kontaktloser Übertragungsstandard, der absichtlich über eine sehr geringe Reichweite verfügt. Innerhalb von zehn Zentimetern können Daten sicher ausgetauscht werden, so die EntwicklerInnen. Die Anwendungsbereiche dieser Technologie sind vielfältig und reichen von m-Payment über mobile Zugangskontrolle und Information Exchange bis hin zum Aufbau sicherer Bluetooth- oder WiFi-Verbindungen und der Kommunikation zwischen Endgeräten. Die Spezifikationen des kontaktlosen Übertragungsstandards, der Datentransfer zwischen elektronischen Geräten über Distanzen bis zu 10 Zentimeter ermöglicht, sind:

  • NFC arbeitet im 13,56 MHz-Frequenzbereich mit Datenraten bis zu 424 kbit/s.
  • Austausch von Telefonnummern, Bildern, MP3-Dateien oder digitalen Berechtigungen
  • Einfacher Zugriff auf Inhalte und Services: sichere, bargeldlose Zahlungen, Handy als Eintrittskarte, Online-Unterhaltung und Zugangskontrolle
  • Aufbau und Konfiguration von Bluetooth und WiFi ohne unübersichtliche Menüs und komplizierte Setup-Prozeduren. Da der Schlüsselaustausch zwischen den Geräten extrem schnell funktioniert, sind die Verbindungen ebenso schnell und sicher aufgebaut und können dann zum Datentransfer genutzt werden.

    Simulation des Händeschüttelns

    Für Volker Graeger von NXP Semiconductors, einem Unternehmen das bis zum September 2006 noch Philips Semiconductors hieß, seinen Sitz im österreichischen Gratkorn hat und dort schon Ende der 90er Jahre den Standard entwickelte, ist NFC die "Simulation der direkten gezielten Übergabe per Hand". Von Österreich aus soll nun auch die Welt erobert werden, so die ehrgeizigen Pläne. Über das eigens gegründete NFC Forum habe man die Technologie standardisiert und bereits mehr als 100 Unternehmen, von den Handyherstellern bis zu den Unterhaltungskonzernen und m-Payment-Anbietern, für sich gewinnen können.

    Anwendung

    Die Händeschüttel-Simulation erklärt eigentlich auch, wie NFC angewendet wird - am besten über einen direkten Kontakt von Endgeräten. Also entweder man hält Handy an Handy oder legt das Mobiltelefon auf eine Kontaktplatte oder hält es vor einen Chip, der auch in andere Stoffe eingewebt oder eingelassen sein könnte.

    Der Feldversuch

    Seit Herbst 2006 findet an der FH Oberösterreich Campus Hagenberg der weltweit erste Feldversuch statt, der NFC in all seiner Komplexität im Alltag zeigt. Weltweit einzigartig deswegen, weil man die Technologie in ihrer gesamten Bandbreite ausnutzt und austestete. IN Asien gibt es schon erste kommerzielle Einzelanwendungen. In dem gemeinsamen Projekt erproben die vier Partner seit über einem Jahr in Hagenberg die neue kontaktlose Übertragungstechnologie NFC (= Near Field Communication) in der Praxis. An dem Trial, der aus dem Projekt hervorgegangen ist und im November 2006 startete, nehmen insgesamt 100 Testpersonen teil, die per NFC Zutritt zu Hörsälen, Labors und der FH-Garage haben und die in den Kantinen und bei Automaten per NFC-Handy zahlen können. Der Feldversuch soll bis voraussichtlich Sommer 2007 dauern.

    Das Handy als eierlegende Wollmilchsau

    Das Ziel ist nun das Handy zum „Ding, das alles kann“ zu machen. Das Mobiltelefon, das jeder immer bei sich trägt und dessen Verlust schnell auffällt, soll sich nun zu Geldbörse, Schlüssel und mobilem Informationsterminal mausern. Für Gerald Reisinger von der FH Hagenberg liegt das Mittel zum Erfolg in der Entwicklung und im Feldversuch in der engen Verbindung von Lehre, Forschung und Wirtschaft an der FH. Für Franz Gotthart von der Voest Alpine Informationstechnologie ist der Standard vor allem für Unternehmen und in Unternehmen ein echter Gewinn und eine neue Möglichkeit einzelne Bereiche zu verbinden.

    In der Praxis

    Das Handy soll durch den integrierten Chip, der nicht nur ausgelesen, sonder auch lesen kann, zur Zutrittskontrolle in Gebäuden und Garagen, zur Abrechnung von Mensaessen oder auch zum Einkauf genutzt werden können. Da der Datentransfer innerhalb kürzester Zeit erfolgt, ist die Technologie wesentlich schneller als bekannte Standards wie Bluetooth oder das Bezahlen per SMS. Die kurze Reichweite ermögliche zudem mehr Sicherheit und eröffnet neue Möglichkeiten, so die EntwicklerInnen.

    Sicherheit

    Das Thema Sicherheit ist auch bei NFC ein zentrales. Ist das Handy weg, kann, da es keine PIN-Abfragen gibt, das aufgeladene Guthaben auch von Unbefugten ausgegeben werden. "Es stimmt, hier ist der Standard genauso sicher wie normales Bargeld. Aber da es möglich ist, Over-the-Air das Guthaben aufzuladen, kann man sein Handy und NFC auch schnell over-the-Air sperren lassen und hat so, aus unserer Sicht, eine sehr sichere Bezahlmethode", so Josef Langer von der FH Hagenberg. Es gäbe auch zahlreiche Anwendungsgebiete außerhalb des m-Commerce, auch wenn hier derzeit der Fokus liege. "So können etwa Fotos vom Handy gleich auf den Fernseher geladen werden, oder auch Daten innerhalb einer Gruppe ausgetauscht werden. Es besteht auch die Möglichkeit mit dem Handy und einem Laptop, welches mit einem NFC-Chip ausgestattet ist, eine sichere Authentifizierung aufzubauen und dann eine sichere WiFi-Verbindung zu nutzen."

    Geld immer dabei

    "Diese Technologie ermöglicht es, dass man immer Geld bei sich hat. Außer man hat keines mehr auf dem Konto. Aber ein Vergessen gibt es auf keinen Fall mehr", so Hannes Ametsreiter. Ein kurzer Blick auf das Guthaben, sollte keines vorhanden sein, over-the-Air Aufladen und schon kann munter eingekauft werden. Man wird sehen, ob sich der Standard etablieren kann und bei AnwenderInnen und Unternehmen den Einzug und Anklang finden wird, den sich die EntwicklerInnen erhoffen.(Gregor Kucera)