Sulfosalze sollen in Zukunft bei der Herstellung von Solarzellen als Ausgangsmaterial dienen.

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17 Prozent. Diesen Anteil der einfallenden Sonnenenergie können herkömmliche Solarzellen in Strom umwandeln. Herbert Dittrich will das ändern. "Ich habe die Absicht, etwas beizutragen, um der Menschheit die Energieversorgung zu sichern", sagt der Forscher von der Uni Salzburg. Dieser Tage geht er diese Aufgabe auch im Rahmen eines neu gegründeten Christian-Doppler-Labors an. Angesiedelt ist die neue Institution an der Uni Salzburg, Industriepartner ist die Villacher Hightech-Company SEZ.

Dittrich will Solarzellen entwickeln, die zwar aufgebaut sind wie herkömmliche Dünnschicht-Paneele, allerdings als zentralen Werkstoff nicht Silizium oder Kupfer-Indium-Diselenid sondern Sulfosalze nutzen. Die sind billiger und können theoretisch die Effizienz auf knapp 30 Prozent steigern. Sulfosalze sind Experten seit Jahrhunderten bekannt. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts beobachteten Mineralogen an dem Material auch schon Reaktionen auf Licht – doch all das geriet in Vergessenheit. "Die Sulfosalze wurden entdeckt, analysiert und dann in den Regalen der Sammlungen vergessen", so der gelernte Mineraloge Dittrich. An seiner damaligen Arbeitsstätte im Stuttgarter "Zentrum für Sonnenenergie– und Wasserstoff-Forschung" machte er sich vor Jahren daran, den vergessenen Wissensschatz zu heben und zu vergrößern. Aus Museen und von Mineralienbörsen besorgte er Proben von 30 bekannten Sulfosalzen, er studierte systematisch ihre Eigenschaften, um die am besten zur Stromgewinnung geeigneten Minerale zu finden. Doch um zu beweisen, dass die Salze als Stromerzeuger funktionieren, musste ein Prototyp her.

Erste Hürde: Wie kann ein Mineral in die gewünschte Form, eine dünne Schicht, gebracht werden? Dittrich besann sich auf sein mineralogisches Grundwissen: Sulfosalze bilden sich in der Natur unter anderem am Rande von Vulkankratern, wo die Rohstoffe für das Erz als Dampf zu Tage treten und kondensieren. "Also lag nichts näher, als im Labor einen Vulkan nachzubauen", so Dittrich. In einer Vakuumkammer verdampfte er die Zutaten, und ließ sie auf einem Glasplättchen zu einer dünnen Schicht kondensieren. Darauf brachte Dittrich weitere Schichten auf, genau nach dem Bauplan einer klassischen Dünnschicht-Solarzelle. Tatsächlich erreichte dieser laut Dittrich "grob zusammengebastelte" Prototyp auf Anhieb einen Wirkungsgrad von einem Prozent.

Die Resonanz auf seine Arbeit enttäuschte Dittrich. "In Deutschland gibt es einige Platzhirsche, die gar kein In-teresse an Alternativen zu den Standard-Paneelen haben." Die Berufung an das Institut für angewandte Mineralogie in Salzburg kam da gerade recht; zusätzliches Lockmittel war die Aussicht, ein Doppler-Labor gründen zu können. Nun geht es für Dittrich zunächst darum, seine Solarzellen effizienter zu machen. Dazu wird der Forscher mit seinen Mitarbeitern die Zusammensetzung der Sulfosalze variieren. Das verändert die Nano-Struktur des Materials, und damit auch seine elektronischen Eigenschaften. Konkret geht es darum, eine Mixtur zu finden, die besser auf Sonnenlicht reagieren als Silizium. Gleichzeitig muss auch ein neues Verfahren zur massenhaften Herstellung von Sulfosalz-Paneelen entwickelt werden – die Vulkan-Methode ist dafür viel zu umständlich und teuer. Dittrich plant deshalb, seine Zutaten nicht zu verdampfen, sondern durch einen Ionenstrahl gleichsam zu zerstäuben, Metallurgen von Arsenal Research werden ihm dabei helfen.

Billige Solarzellen könnten einen riesigen Markt eröffnen, seit Jahren verzeichnet die Branche weltweit Zuwachsraten von 35 Prozent und das soll nach Expertenmeinung noch Jahrzehnte so weiter gehen. "Wenn es nicht gelingt, die Sulfosalz-Module billiger herzustellen als herkömmliche Dünnschicht-Module, hat das ganze ökonomisch keinen Sinn", so der Forscher. Doch selbst in diesem "worst case" wird die Wiederentdeckung der vielseitigen Sulfosalze nicht vergebens gewesen sein. Denn diese Minerale können nicht nur die Energie von Photonen in elektrischen Strom umwandeln. Sie können auch zur elektrischen Kühlung elektronischer Bauteile, etwa Computerchips, verwendet werden. Gottfried Derka