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Wien – Tempo 160 auf der Autobahn steht Neo-Infrastrukturminister Werner Faymann skeptisch gegenüber. Bei der unter massiver Ertragsschwäche leidenden Autobahngesellschaft Asfinag mit ihren aktuell 9,6 Milliarden Euro Schulden steigt er dafür umso mehr aufs Gaspedal. Ihr will er 200 Millionen Euro Zuschuss geben, also deutlich mehr als den Eisenbahnern, die heuer nur 50 bekommen.

Laut dem in den Koalitionsverhandlungen vorgenommenen Kassasturz sollen die Zuschüsse nur mäßig ansteigen: Im Finanzministerium sind für nächstes Jahr 150 Mio. Euro an Zins- oder Investitionszuschüssen nach Paragraph 43 Bundesbahngesetz eingestellt, im Jahr darauf nur hundert Millionen und 2010 wieder 160.

Wird der im Dezember 2006 im ÖBB-Aufsichtsrat vorgelegte (aber nicht mehr beschlossene) ÖBB-Rahmenplan nicht ausgemistet, verbessert diese Cash-Zufuhr die angespannte Finanzsituation der ÖBB nicht nachhaltig. Im Gegenteil, laut der ÖBB-internen Mittelfristplanung verzögert sich damit der Weg zum negativen Eigenkapital nur ein bisschen.

Cash-Bedarf enorm

Ganz ohne Zuschüsse würde die Bahn laut den geltenden internationalen Bilanzierungsregeln (IFRS) spätestens im Jahr 2011 ein negatives Eigenkapital von fast einer halben Milliarde Euro ausweisen. Mit Zuschüssen ein wenig später: Mit den Kassasturz-Zahlen erst 2014. Am komfortabelsten, vermutlich aber Wunschkonzert, wäre naturgemäß eine Verdreifachung des Zuschusses ab 2009 auf 450 Mio. Euro, der laut Simulationsrechnung im Jahr 2010 weiter auf 460 Mio. Euro steigen müsste, um von der Zinslast der ausgegebenen Milliardenanleihen nicht erdrückt zu werden.

Damit ist klar: Anders als bei der Asfinag, deren 200-Millionen-Zuschuss laut Faymann in der Finanzvereinbarung im Koalitionspapier "sehr wohl enthalten", aber mit keiner Zeile ausgewiesen sind, ist der Cash-Bedarf der ÖBB zwar groß, aber nicht ganz so dringend, wie bei der Asfinag, die bereits heuer eine Milliarde Euro negatives Eigenkapital ausweist. Damit bekommt sie Probleme bei den Abschreibungen – und den internationalen Investoren, die Anleihen zeichnen sollen.

Geld auf dem Papier

Klar ist aber auch, dass die 6,5 Milliarden Euro an versprochenen Investitionen im Bahnausbau bis 2010 keineswegs so üppig sind, wie es von der SPÖ verkauft wird. Im Gegenteil, sie entsprechen genau dem im ÖBB-Rahmenplan vorgesehenen Strecken- und Bahnhofsausbau, der bis 2011 im Schnitt jährlich rund 1,55 Milliarden Euro verschlingt und für den es vorderhand nur Staatshaftungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro gibt. Dass die Baukosten des Brennerbasistunnels in eine Sonderfinanzierungsgesellschaft ausgelagert werden, entlastet die ÖBB nicht wirklich, denn sie fanden sich auch bis jetzt nicht im ÖBB-Budget. Wohl aber der Koralmtunnel. Gegen ihn will Faymann vorerst nicht polemisieren, wie er betonte, Verträge seien einzuhalten. Das sei aber nur eine Frage der Zeit, heißt es dagegen in SPÖ und ÖVP gleichermaßen – und natürlich hinter vorgehaltener Hand.

Am Ende werde er sich entscheiden müssen zwischen Koralmtunnel und Hauptbahnhof Wien, womit klar ist, wo die Fronten für den ehemaligen Wohnbaustadtrat verlaufen. Bedeckt gibt er sich bei der ÖBB-Reform, die Bundeskanzler Alfred Gusenbauer laut Format für notwendig hält, weil Bau und Betrieb nicht zu trennen seien. Bald kommen soll die Erneuerung des ÖBB-Aufsichtsrats. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.1.2007)