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Selbst die geplanten Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Lkw-Maut wackeln, weil Brüssel ein genaues Auge darauf hat und gegen jede Art von Wettbewerbsverzerrung vorgehen will.

Foto: dpa, Montage: Pass

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Grafik: APA/Standard
Wien – Mehr Fragen als Antworten gibt das Koalitionsabkommen, was die Finanzierung der geplanten Infrastrukturoffensive betrifft. Zusätzlich verschärft wird das Chaos durch Aussagen von Neo-Infrastrukturminister Werner Faymann, wonach die Autobahngesellschaft Asfinag ab 2008 jährlich 200 Millionen Euro Zuschuss bekommen soll. Heuer werde der Betrag allerdings noch geringer ausfallen, zitierte die APA den ehemaligen Wiener Wohnbaustadtrat, der erst heute, Donnerstag, angelobt wird.

Faymann habe offensichtlich die Letztfassung des Koalitionspapiers nicht gelesen, ätzten die eigenen SPÖ-Verhandler prompt über die vollmundige Ankündigung. Hinzu komme, dass die Kapitel Verkehr und Infrastruktur nach der Einigung auf Chef-Ebene gar nicht mehr zu Ende verhandelt worden seien. Das würde erklären, warum sich im 167-seitigen Koalitionspakt über den 200-Millionen-Zuschuss, von dem im Dezember die Rede gewesen war, tatsächlich keine Zeile findet.

Im Gegenteil, die 4,5 Milliarden Euro Investitionen in das hochrangige Straßennetz bis 2010 entsprechen ziemlich genau dem vor vier Jahren fixierten Investitionsprogramm der Asfinag, wonach im Schnitt jährlich eine Milliarde Euro verbaut wird. Bis 2009 sind es pro Jahr sogar 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro, dann flacht sich die Kurve der – überwiegend auf Pump finanzierten – Bauleistung ab. Davon rund 700 Mio. Euro jährlich werden auf der grünen Wiese verbaut, der Rest geht in Spurverbreiterungen, Verbesserungen und Instandhaltung.

Viele Fragen wirft auch die geplante Übertragung des 2300 Kilometer langen Autobahnnetzes ins Eigentum der Asfinag auf. Diese bilanztechnische Maßnahme ist notwendig, um das laut internationalen Bilanzierungsregeln negative Eigenkapital in Höhe von einer Milliarde Euro in eine positive Eigenkapitalquote von acht Prozent zu verwandeln. Damit dies nicht als illegale Beihilfe verboten wird, müsste die Asfinag das Netz kaufen, was wiederum die Frage nach dem aktuellen Verkehrswert der Anlagen aufwirft. Dieser kann niedrig sein (weil die Asfinag das Fruchtgenussrecht bereits bis 2047 besitzt und dadurch der Wert des Eigentumsrechts deutlich sinkt), oder aber mehr als die erhofften 110 Mio. Euro Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut-Erhöhung kosten. Laut EU-Recht müsste der Bund den Verkauf der Autobahnanlagen eigentlich ausschreiben, sie sind ohne Fruchtgenuss aber vermutlich unverkäuflich, heißt es in der Asfinag.

Dort reagiert man auf Faymanns Zuschuss-Ankündigung übrigens gar nicht positiv, denn dadurch würde die 1997 ausgegliederte Asfinag wieder zum ministeriellen Zuschussbetrieb, was eine Abkehr von der mühsam eingeführten Nutzerfinanzierung darstelle. "Wozu haben wir dann die kilometerabhängige Maut eingeführt, wenn jetzt wieder alle Steuerzahler für die Autobahnen blechen statt die Benützer?", ärgert sich ein hoher Asfinag-Funktionär.

Alle Hoffnungen des mit 9,6 Milliarden Euro verschuldeten und unter Ertragsproblemen leidenden Unternehmens ruhen deshalb auf der ebenfalls versprochenen Valorisierung der Pkw-Autobahnvignette. Die würde laut Inflationsrate seit 2001 kumuliert 10,5 Prozent ausmachen, also 7,26 Euro betragen. Das ist der Asfinag viel zu wenig, es müsste "viel, viel mehr" als das Doppelte sein, denn es seien 100 Kilometer neue Autobahn, Energie-, Personal-, Bau-, Mauteinhebungs- und Instandhaltungskosten abzudecken, um Kostenwahrheit zu kriegen und das Ertragsproblem zu lindern. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.1.2007)