Günter Rochelt

Foto: Rochelt

Reinhard Wetter

Foto: Wetter

Karl Holzapfel

Foto: Holzapfel

Barbara Schosser

Foto: Schosser

Hans Reisetbauer

Foto: Reisetbauer

Franz Tinnauer

Foto: Tinnauer

Andrea und Waltraud Jöbstl

Foto: Jöbstl

Anton und Christoph Vogl

Foto: Vogel
Bevor wir uns dem Jahr 2007 zuwenden und probieren, was neu ist und was so alles destilliert wurde – wobei sich ja nach Angaben aller Obstverwerter und Schnapsbrenner viel Gutes tun muss, weil 2006 bekanntlich ein Super-Super-Obstjahr war –, ist wohl noch ein ruhiger Blick zurück angebracht. Quasi ein Überblick über die Highlights bei den edlen Bränden des vergangenen Jahres.

Es ist zwar immer und immer wieder darauf hingewiesen worden, und trotzdem sei es hier nochmals gesagt: Wir leben in einem Land der Äpfel, der Marillen, der Zwetschken und der Beeren, und wir haben die Tradition und damit auch die Erfahrung, aus diesen Früchten das Beste in destillierter Form zu konservieren. Wobei die Edelschnaps-Brenner – die der ersten Stunde vor allem – einerseits Pionierarbeit leisten mussten, andererseits aber in den Qualitätswinzern erfolgreiche Vorbilder hatten.

Qualität vor Quantität

Hier wie da ging es darum, aus unterdurchschnittlicher bzw. fehlerhafter Massenware überdurchschnittliche Spitzenprodukte zu machen. Wobei es vor allem auf die Philosophie ankommt, die sich in den Köpfen der besten Schnapsbrenner bis heute gehalten hat: Qualität geht vor Quantität. Auch wenn – wie es Florian Holzer in seinem Beitrag für das Buch „Grosse Schnäpse“ festgestellt hat – der Schnaps seinen Hype schon hinter sich hat und medial kaum noch wahrgenommen wird, haben sich die edlen Destillate als fixe Größe im Reich des Hedonismus etabliert.

Auf den Digestifkarten aller guten Restaurants des Alpenraums finden sich darum heute mehr Fruchtschnäpse als Cognacs oder Whiskies, die so cirka bis Anfang der 90er-Jahre als der einzige destillierte Luxus galten. Latschen, Gölles, Rochelt und Co. haben hierzulande eine schöne Entwicklung in Gang gesetzt und können ohne Übertreibung als Initiatoren einer Bewegung gelten, die auch die Schnapsszene in Deutschland, der Schweiz und Norditalien erfasst hat.

Die alten Meister an der Spitze

Als Ergebnis unserer Verkostungen des abgelaufenen Jahres lässt sich festhalten, dass die „alten Meister“ diejenigen sind, die auch weiterhin an der Spitze stehen und deren Schnäpse an Qualität von Jahr zu Jahr noch mal gewinnen. Denn eines scheint für uns außer Streit zu stehen: Ein guter Schnaps wird sich nie so sang- und klanglos seiner inneren Werte entledigen, wie es bei so manchen primärfruchtigen Leichtbränden schon festzustellen war, sondern gewinnt mit Lagerdauer und Reife an Balance, Harmonie, Kraft und Fülle.

Das sind dann die Schnäpse, die bei unseren Verkostungen (Juroren waren neben dem Autor Hermann Botolen, Restaurantleiter von Meinl am Graben in Wien, sowie – wenn es der Terminkalender erlaubte – Luzia Schrampf, Weinexpertin vom STANDARD) mit 5 Sternen bedacht wurden.

Sechs mal 5 Sterne

Gleich sechs Schnäpse von der Brennerei Rochelt wurden mit 5 Sternen ausgezeichnet, was auch ein Ausdruck der beständigen Qualitätsarbeit der Tiroler Paradebrennerei ist. Hier macht sich die Denk- und Arbeitsweise von Günter Rochelt, dass Destillate unbedingt einer Ruhe- und Reifephase bedürfen, nachhaltig und zum Vorteil der Konsumenten bemerkbar.

Wunderbare Schnäpse werden auch in Niederösterreich destilliert, wobei sich die Brennereien Wetter, Holzapfel, Schmutzer, Hotzy und Krenn besonders hervortun. Wenn Reinhard Wetter der Meister von Schnapscuvées ist (Wetterfrosch, Wetterhexe, Wetterleuchten) und einen außergewöhnlichen Brand aus Williamstrester macht, so darf man Karl Holzapfel als Meister des reinsortigen Aromas bezeichnen – brillant geschliffene, präzise Fruchtschnäpse aus Marille, Quitte, Ribisel und Weichsel kommen aus dem Prandtauerhof zu Joching.

Gut essen und schön trinken

Beständig hohe Qualität garantiert bei Marille und Weichsel auch Otto Hotzy aus Hadersdorf, dem darob schon der Titel des „Prof. Mugen“ verliehen wurde. Die aromatische Würze seines Umlandes (alte Birnensorten) fängt Hans Krenn aus dem Yspertal wie kein Zweiter ein. Ein Glanzstück ist insbesondere der Schlehenbrand aus dem Brennjahr 2005, so schön balanciert wie kein anderer aus dieser wilden Strauchfrucht. Im südlichen NÖ, also dort, wo oben und gleich daneben viel Wein gemacht wird, brennt der Wirt und Weinliebhaber Josef „Pepi“ Schmutzer eine Reihe ganz hervorragender Trebernbrände nebst herrlichen Schnäpsen aus Zwetschke und Mirabelle. Dazu auch noch ein Gastro-Tipp: Bei Schmutzer, Krenn und Holzapfel kann man zusätzlich schön einkehren, sehr gut essen und die Schnäpse vor, während und/oder nach dem Essen auch gleich verkosten!

Bärenstark und Beerenmark

Bärenstark wie immer sind Oberösterreich und die Steiermark auf der Landkarte des feurigen Wassers vertreten. Reisetbauer und Schosser hier, Gölles und Tinnacher dort, und beiderseits der Enns dann noch so komplexe Betriebe wie jene der Frau Jöbstl im Schilcherland und der Familie Wurm im Zentrum des Mostviertels.

Steinobst at it’s best, wie im Cuvée von Hans Reisetbauer, und Kirsch- wie Zwetschkenschnaps auf Top-Niveau wie bei Schossers haben auch Alois Gölles und Franz Tinnauer auf gleich hohem Level im Angebot; beim Traubenkirsch liefern sich Waltraud Jöbst und Franz Wurm ein nuanciertes Duell um die markanteren Marzipantöne, Williamsbrände und würzige Essenzen aus der Quitte können bedenkenlos bei allen bzw. bei jedem einzelnen der genannten Brenner erstanden werden.

Besonderheiten sind hier vor allem die Brände aus Beerenobst: Die gebrannten Himbeeren von Wurm und von Reisetbauer, Holunder sowie die Brombeer-Brände von Gölles und Tinnauer, das Waldbeeren-Cuvée der Frau Jöbstl und dann noch die Brände aus Hagebutte und Bio-Heidelbeeren von Martin Schosser verdienen freilich eine extra Erwähnung.

Stolzes und Gereiftes

Stolz wie schon lange nicht stolziert der Pfau einher: Seit sich Valentin Latschen in seiner Brennerei wieder ganz und gar aufs Schnapsbrennen konzentriert und jetzt auch schon schön gereifte Brände anbieten kann, hat der „Pfau“ wieder zur engsten Spitze aufgeschlossen. Zu den fruchtigen Klassikern wie Obstler, Zwetschke, Marille, Vogelbeere etc. reifen in den Gewölben der „Schleppe“-Brauerei in Klagenfurt auch hoch interessante Korn- und Bierbrände – und zum drüberstreuen dann noch der einzigartige „Bramburus“ aus der Erdäpfelknolle.

Eine der ältesten – wenn nicht gar die älteste? – Qualitäts-Schnapsbrennereien Österreichs steht in den traditionsreichen Mauern des Guglhofs in Hallein. Jetzt neu und zeitgemäß adaptiert verfügen Alois Vogl und Vogls Sohn Christoph über ein großes Lager an destillierten Schätzen, die so nach und nach gehoben werden. Wie z.B. der Zwetschkenbrand aus dem Jahr 1996, ein zehnjähriges Cuvée aus Äpfel und Birnen und ein sortenreinen Birnenbrand 1998, allesamt reif, füllig und von komplexer Tiefe.

Enorme Dichte, komplexe Vielfalt

Fünf-Sterne-Schnäpse finden sich auch ganz im Westen und im nachbarlichen Ausland. Die mittlerweile gewerbliche Brennerei von Johann Zauser in Bregenz muss hier ebenso angeführt werden wie die hochprofessionell geführten Betriebe von Ziegler in Franken und Capovilla im Veneto. Zauser bietet neben der exzellenten Kornellkirsche eine breite Palette sehr guter Brände von Marille über Quitte bis zu einer raren Waldhimbeere, Capovilla glänzt wie immer im Grappabereich und mit einer extrem würzigen Quitte, Ziegler schließlich mit den Klassikern Wildkirsch, Himbeere und Johannisbeere.

Alles in allem: Das Schnapsjahr 2006 bot (und bietet, solange der Vorrat reicht) eine enorme Dichte an qualitativ hochwertigen Schnäpsen und eine gleichermaßen breite Vielfalt. Zum Wohle der Schnapstrinker! (Vene Maier)

>>> Ranking: Die 5-Sterne-Schnäpse des Jahres 2006