Ein bisschen erinnerte Karl-Heinz Grasser in den vergangenen Tagen an die schöne Kim Basinger im James-Bond-Klassiker "Sag niemals nie". Eben noch ganz unbefangen exklusive Gespielin des Drahtziehers Largo, wechselte sie im Spiel um Macht und Geld beim Auftritt eines neuen Helden die Seite zum guten alten James, gerade im richtigen Moment. Die Blondine tritt als äußerst attraktiver Spielball auf - und heißt daher im Film nicht umsonst "Domino".

Beim Finanzminister läuft das im realen Leben der Verhandlungen über eine große Koalition nicht viel anders: Er ist nicht mehr der von vielen kritiklos bewunderte - nach Eigendefinition unabhängige, genauer gesagt, nur von Kanzler Wolfgang Schüssel abhängige - Politiker. Vielmehr ist er im Verhandlungspoker über Rot-Schwarz selber zum parteipolitischen Spielball geworden. Wie ein Dominostein. Die Spielmacher sind zwei andere: Schüssel und SP-Chef Alfred Gusenbauer, der als präsumptiver Bundeskanzler bei der Ausgestaltung der künftigen Budgetpolitik naturgemäß eine Schlüsselrolle spielen muss.

Kristallglamour

Kein Wunder, dass die Boulevard-Medien sich seit Tagen überschlagen mit Schlagzeilen und Meldungen darüber, ob der "Sunnyboy" in der Politik bleibt und sogar noch das Vizekanzleramt dazubekommt - oder doch in die "internationale Finanzszene" wechselt. Die Massen mögen solche Beziehungsgeschichten, umso mehr, wenn sie auch noch von Kristallglamour begleitet sind, von Grasser selbst stark betrieben.

Ob der Noch-Finanzminister mit dieser neuen Konstellation je zufrieden werden könnte, steht in Zweifel. Rot-Schwarz würde für ihn bedeuten, seine "Beziehungskisten" neu zu definieren - und die Ungreifbarkeit, sprich "Unabhängigkeit" von der ÖVP aufzugeben. Aber wäre das noch Karl-Heinz Grasser? (Thomas Mayer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2007)