Thomas Hintze, CEO von UPC Austria

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Turbulente Zeiten am Provider-Markt. Mobiles Breitband macht den DSL- und Kabel-Betreibern Konkurrenz, Multimedia im Internet braucht immer höhere Bandbreiten und die Telekom Austria schnappt sich den alternativen Anbieter etel. "Das ist natürlich die Rückkehr in die "Dark Ages". Wir stehen jetzt wieder da wie am Anfang. (...) ich glaube auch nicht, dass die Kunden gerade bei etel glücklich darüber sind", sagt UPC Austria-Chef Thomas Hintze im ersten Teil des Gesprächs mit Zsolt Wilhelm.

WebStandard: Wie resümieren Sie das Jahr 2006?

Thomas Hintze: Das ist einfach. Wir haben hier als Unternehmen einen Sprung getan, der in vielen Bereichen sichtbar ist – durch die Akquisition von Inode. Das hat uns als Unternehmen eine Visibilität gebracht, die wir vorher nicht hatten, abgesehen davon, dass wir jetzt ein neues Geschäftsmodell erschlossen haben. Wir merken das an der gestiegenen Repräsentation in der Presse, da sind wir ein bisschen weiter in die Öffentlichkeit gerückt.

WebStandard: Wie wichtig ist in Anbetracht des Breitbandmarktes die Akquisition eines DSL-Providers?

Thomas Hintze: Sehr wichtig. Unser wichtigstes Businessmodell ist nachwievor das "Selber Vergraben", nur, wenn man sich ganz Österreich vornimmt, dann ist das Neugraben in ländlichen Gebieten nicht sinnvoll. Es ist jetzt nicht so, dass wir gewürfelt haben, sondern wir haben viele Optionen durchgerechnet (WLAN, etc.) und so ist das "entbündelte" mitverwenden von etwas, dass es schon gibt (Anm.: Telefonleitungen, DSL) notwendig und sinnvoll. Das ist für die Anderen aber auch nicht anders.

WebStandard: In welche Richtung entwickelt sich das Geschäft von UPC – Geschäftskunden oder Private?

Thomas Hintze: Wir sind immer noch ein simples Privatkundenunternehmen. So sind wir ausgerichtet mit all unseren Prozessen. Durch die Akquisition von Inode und Reintegration von Priority letzes Jahr sind wir daran auch den Geschäftskundenmarkt zu evaluieren. Und hier ist es für uns auch wieder logischer uns von unten hinauf zu bewegen und nicht mit irgendwelchen Big-Bang-Projekten vielleicht versuchen zu punkten. Also Small-Office, Home-User, KMUs werden eher der Schwerpunkt sein.

WebStandard: Die Telekom Austria hat im Dezember erst etel übernommen. Was sagen Sie zu dieser Entwicklung?

Thomas Hintze: Ja, das ist natürlich die Rückkehr in die "Dark Ages". Wir stehen jetzt wieder da wie am Anfang. Ist natürlich ein Wahnsinn und ich glaube auch nicht, dass die Kunden gerade bei etel glücklich darüber sind. Da steht ja Eunet, European Telecom dahinter, viele die nach der Reihe von etel aufgesammelt wurden. In Wahrheit ist das die Summe der restlichen alternativen Anbieter, die jetzt wieder unter einem Dach firmieren. Und, ob das der Liberalisierung nützt? Wir werden uns darum bemühen - vorerst kann man bei diesem Deal nur vom Signing und nicht vom Closing sprechen -, dass als Bedingung bestehende Kunden aus den Verträgen herausgelassen werden. Das würden wir uns als Bedingung zum Closing wünschen. Schließlich waren das auch alles Kunden, die Alternativen wollten.

WebStandard: Wie sehen Sie überhaupt die Konsolidierung am österreichischen Markt? Der Mobilfunksektor zieht ja derzeit in Richtung fünf große Anbieter europaweit.

Thomas Hintze: Wir sind schon sehr europabestimmt, wir als UPC sind ja das beste Beispiel. Im Prinzip ist das schon notwendig, weil ja die Möglichkeiten in neue Technologien beschränkt sind. Oder um im Mass Market Skalierung zu erzielen, sind internationale Anbieter natürlich favorisiert. Je kleiner Sie sind, desto schwieriger tun Sie sich mit dem nächsten Technologiesprung. In dem Sinne war ja auch etel schon klein. Aber da sind wir ja gut positioniert.

WebStandard: Merken Sie einen Trend in Richtung Services und Dienste als primäre Einnahmensquelle? Berthold Thoma, CEO von 3, sieht das als Zukunftsmodell für das mobile Breitband.

Thomas Hintze: Naja, nein. Ich meine, man muss alles immer wieder durchleuchten, aber wir konzentrieren uns jetzt seit vielen Jahren auf das Kundenmanagement und die Connectivity. Beides vielleicht wenig sexy, das stimmt – es ist eine tägliche Quälerei -, aber es hilft nichts, ohne Connectivity werde ich zu den Services auch nicht vordringen. Soviel zur Priorisierung. Wenn irgendwann keiner mehr anruft, weil irgendetwas nicht geht, wenn wir einmal nicht mehr jedes Jahr eine Geschwindigkeitsverdopplung exekutieren, dann haben wir immer noch Zeit, uns um die Services zu kümmern. Dass man sich nur nicht verzettelt, bei dieser Vielfalt an Möglichkeiten in der Telekommunikation. Fokussiert zu bleiben, das ist entscheidend.

WebStandard: Die Mobilkom behauptet - nicht ganz unbefangen - das mobile Breitband stünde nicht in Konkurrenz zum Festnetz-Breitband. Sehen Sie das ebenso oder muss man diese neue Technologie ernst nehmen?

Thomas Hintze: Wie soll ich das jetzt sagen… in dem Fall bin ich noch weniger unbefangen, weil ich habe nur Festnetz. Aber ich sage Ihnen trotzdem was. Zunächst einmal stellen es (Anm.: die zunehmende Konkurrenz) nicht fest, da es de facto tatsächlich zusätzlich ist. Ich persönlich nehme es aber schon ernst. Man kann auch nicht ausschließen, dass es Substitutionseffekte geben wird. Wir ruhen uns auch nicht aus. Jetzt haben wir nach vielem hin und her die DSL-Strategie umgesetzt und wir trauen uns auch zu uns neu zu positionieren, wenn es relevant wird. Dogma bleiben der Kunde und die Connectivity, die Technologie aber nicht.

WebStandard: Welche Technologie haben Sie da ins Auge gefasst?

Thomas Hintze: Naja, wir haben ja eine Wimax-Lizenz ersteigert. Nur muss man da auch mit kaufmännischer Vernunft vorgehen. Aber ich würde es nicht ausschließen, dass mobiles Breitband das Potential hat Festnetz-Breitband zu substituieren. Das wäre fatal, wenn man das täte.

WebStandard: Die multimedialen Anwendungen im Internet brauchen immer mehr Bandbreite. Hält man an der kontinuierlichen Geschwindigkeitssteigerung fest?

Thomas Hintze: Bis jetzt haben wir noch jedes Jahr die Geschwindigkeit verdoppelt. Auch eine schwierige Frage. Jetzt haben wir uns vor drei Jahren überlegt, das kann nicht so weitergehen. Das ist ja wie mit dem Schachbrett hoch zwei und dann geht es sich auf einmal mit den Sandkörnern in der Sahara nicht mehr aus. Es hat natürlich irgendwann sein natürliches Limit. Aber ich sehe das noch nicht.

WebStandard: Die Tauschbörsen spielen eine wichtige Rolle im Internet. Sind dass Technologieträger oder Dornen im Auge?

Thomas Hintze: Tauschbörsen, hm… Ich weiß von denen nichts. Ich bin ein Connectivity-Anbieter.

WebStandard: Aber was sagen Sie zur wieder aufkeimenden Debatte, dass Provider die Kundendaten von Filesharern aushändigen sollen?

Thomas Hintze: Da haben wir reichlich Erfahrung mit dem Thema. Das ist eines der vielen Themen, wo man dann letztlich irgendwie das machen muss, woran man glaubt. Weil dann auch oft die Gesetze gar nicht so Schritt halten mit der Technologie. In dem Fall, setzen wir einen Gerichtsbeschluss voraus. Auf reine Anfrage machen wir das nicht. Dies hielte ich auch für sehr gefährlich.

(Interview: Zsolt Wilhelm)

Das lesen Sie nächsten Sonntag im zweiten Teil: "Da tritt der Regulator als Projektleiter auf (...) das ist eine ganz fragwürdige Vorgangsweise, die auch für den Standort nicht förderlich ist", meint Thomas Hintze zum DVBT-Deal des ORF, "ganz abgesehen davon, dass es für den Kunden keinen Mehrwert hat".