Häupl: "Ich war immer für die Abschaffung der Studiengebühren, bin aber nicht der Verteidiger der Millionärskinder."

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Wiens Bürgermeister Michael Häupl möchte im derStandard.at- Interview das bevorstehende Finale der Regierungsverhandlungen nicht als Wettbewerb sehen: "Hier sitzen sich einfach zwei präsumtive Partner gegenüber. Entweder kommt es zum Vertragsabschluss oder man lässt es bleiben." Häupl geht aber davon aus, dass es zwischen ÖVP und SPÖ zu einer Einigung kommen wird.

Die Studiengebühren könnten allerdings "so nicht bleiben", bei den Eurofightern werde die Entscheidung auf das Ende des Untersuchungsausschusses verschoben.

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derStandard.at: Konnte man sich bei der Präsidiumstagung schon auf die Marschroute für das Finale einigen?

Häupl: Wir brauchen uns ja auf nichts Neues zu einigen. Es geht heute und morgen vor allem darum, über die bisherigen Ergebnisse zu diskutieren. Am Vormittag hat es eine Generaldebatte mit nicht unerheblichen strategischen Anleihen gegeben. Am Nachmittag werden noch die einzelnen Kapitel behandelt.

derStandard.at: Wie zum Beispiel Eurofighter und Studiengebühren?

Häupl: Das auch. Aber das sind zwei Punkte unter vielen. Für uns haben die Fragen, wie man den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gewährleisten kann, oberste Priorität. In diesem Licht ist natürlich auch die Frage der Studiengebühren zu sehen, die bisher eine soziale Barriere zum Hochschulzugang sind.

derStandard.at: Es ist allerdings auch klar, dass sich die ÖVP auf die von der SPÖ geforderte Abschaffung nicht einlassen wird. Und der aktuelle Gusenbauer-Vorschlag klingt auch nicht gerade sozial gerecht.

Häupl: Das Modell muss man sich am Ende des Tages genauer anschauen. Ich war immer für die Abschaffung der Studiengebühren, bin aber nicht der Verteidiger der Millionärskinder. Aber auch das existierende Studienbeihilfensystem hilft bisher jenen, die durch die soziale Situation vom Studium abgehalten werden, nicht wirklich. Es kann auf alle Fälle nicht sein, dass alles so bleibt wie es ist.

derStandard.at: Also Studiengebühren ja, aber mit sozialerem Gesicht?

Häupl: Das weiß ich nicht. Am Ende der Verhandlungen wird diese Frage leichter zu beantworten sein.

derStandard.at: Auch ein Thema der Präsidiumssitzung: die Eurofighter. Wirklich kein Punkt in der Regierungsvereinbarung?

Häupl: Jede Regierung wird mit einer Entscheidung zu den Eurofightern auf das Ende des Untersuchungsausschusses warten müssen. Danach wird man völlig pragmatisch vorgehen. Sind keine vertragsauflösenden Gründe vorhanden, wird man schauen, wie man das halbwegs vernünftig gestaltet.

derStandard.at: Lässt sich die SPÖ auf zu viele Kompromisse ein?

Häupl: Keine Rede davon. Es ist sowieso eine seltsame Sicht der Dinge, so zu tun, als wäre das Ganze ein sportlicher Wettbewerb. Hier sitzen sich einfach zwei präsumtive Partner gegenüber und handeln einen Vertrag auf vier Jahre aus. Es wird hier keinen Sieger und keinen Besiegten geben, nicht Zitronen und Zuckerwerk. Entweder kommt es zum Vertragsabschluss oder man lässt es bleiben. Wir befinden uns nicht im Wettbewerb.

derStandard.at: Kein Wettbewerb, aber trotzdem ist strategisches Vorgehen unter hohem Erfolgsdruck gefragt.

Häupl: Ich bemühe mich natürlich, den Wählerwillen, der ja eindeutig auf die große Koalition hinzielt, zu erfüllen. Ich rechne damit, dass es zu einer Großen Koalition kommt. Sollte es zu einem Scheitern kommen, dann wird die SPÖ versuchen, eine Minderheitsregierung zu bilden. Aber davon gehe ich eben nicht aus.

derStandard.at: Wurde Personelles besprochen? Schließlich steht Wien vermutlich eine personelle Umbildung bevor?

Häupl: Es wäre sehr unklug von mir, jetzt mit Ihnen über Personelles zu sprechen. (Manuela Honsig-Erlenburg, derStandard.at, 4.1.2006)