Michael Thurner (Geschäftsführer ÖWM bis 31.12.2006), Josef Pleil (Präsident des österreichischen Weinbauverbandes) und Wilhelm Klinger (Geschäftsführer ÖWM ab 1.1.2007).

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Wien - Alles bleibt positiv für das Jahr 2006 trotz eines schwierigen europäischen Marktes mit härterer Konkurrenz, darüber sind sich Michael Thurner, noch bis Monatsende Geschäftsführer der Österreichischen Weinmarketing-Gesellschaft (ÖWM), Josef Pleil, Weinbaupräsident und ÖWM-Aufsichtsratsvorsitzender, sowie Willi Klinger, der Thurner am 1. Jänner 2007 nachfolgen wird, einig. Die Marktanteile des österreichischen Weins im Inland konnten leicht ausgebaut werden. Im Export gab es zwar rückläufige Mengen, was von der ÖWM mit den geringen Erntemengen der vergangenen beiden Jahre erklärt wird. Die Wertschöpfung blieb jedoch konstant, was positiv bewertet wird.

Während der Weinkonsum in Gesamteuropa rückläufig ist, hat er in Österreich nach zwei reduzierten Jahren wieder leicht zugenommen und beläuft sich in etwa auf die Menge, die im Inland auch produziert wird: 244 Millionen Liter Wein im Jahr 2006.

Der Anteil des Heimkonsums (im Gegensatz zu Gastrokonsum) stieg leicht auf 75 Prozent, ebenso wie der Anteil der im Lebensmittelhandel gekauften Weine zu Lasten des Ab-Hof-Verkaufs. Die Handelskette Spar im Speziellen habe dabei eine Vorreiterrolle, weil sie Weine bis sieben Euro Verkaufspreis im Lebensmittelhandel salonfähig gemacht habe, so Klinger. Weitere Ketten folgen.

Zufrieden sei man mit den Flaschenweinexporten, "weil langfristig vernünftiges Geld damit zu verdienen ist", so Klinger. Stark rückläufig sei der Fassweinanteil, eine erwünschte Entwicklung, so Thurner. Die präsentierten Zahlen basieren auf den Erhebungen der Statistik Austria und wurden bis zum Jahresende hochgerechnet.

Exportiert wird in erster Linie Weißwein. Kernmarkt bleibt weiterhin Deutschland, wo die Wertschöpfung mit 1,7 Euro pro exportiertem Liter relativ gering ist, was durch den höheren Fassweinanteil erklärt wird. Weiterhin wichtig ist auch die Schweiz, wo man für gute Qualität nicht nur entsprechende Preise akzeptiere, sondern auch Rotwein aus Österreich entdeckt habe. In Großbritannien zahlt man für österreichischen Wein den höchsten Durchschnittspreis nämlich 17,6 Euro pro Liter. Das Land zählt mit Deutschland zu den wichtigsten Importmärkten für die Weinwirtschaft weltweit, für Österreich sei es ein "Prestigemarkt, auf dem es wichtig ist vertreten zu sein", so Klinger. Österreichischer Wein ist dort vor allem in der hochpreisigen Topgastronomie vertreten. Ziel ist, "auch in der Klasse darunter Fuß zu fassen".

"Keinesfalls retro"

Der designierte ÖWM-Geschäftsführer setzt "auf Kontinuität dort, wo die Erfolge liegen". Angesichts der Anti-Alkohol-Kampagnen der EU stellt Klinger dezidiert fest, dass "niemand in der Weinwirtschaft an Missbrauch, Alkoholiker und Verkehrstoten interessiert ist. Aber Wein ist ein Genussmittel und Kulturgut", das eben zur "kulinarische Kulturnation Österreich" gehöre, was auch weiterhin verstärkt beworben werde. Einen weiteren Fokus setzt Klinger darauf, österreichischen Wein als handwerkliches und ursprüngliches Produkt im Gegensatz zum Industrie-Wein zu positionieren. Dazu gehöre auch die "stärkere Betonung von Terroir (Boden- und Klimaeigenheiten, Anm.) und Bio-Bestrebungen", die in letzter Zeit unter den Spitzenproduzenten immer häufiger zu finden sind. Deutlich müsse außerdem werden, dass "bei aller Natürlichkeit die österreichische Weinwirtschaft keinesfalls retro ist, sondern hoch leistungsfähig und innovativ", was jedoch nicht bedeute, das Wein immer teurer werden müsse.

Zu den Spitzenbetrieben rechnet Klinger jene 500 bis 1000 Betriebe, die im Ausland präsentierten und Aktivitäten setzten. Er räumt aber auch ein, dass es Betriebe mit Ertragsproblemen gäbe, was er auf nicht konkurrenzfähig produzierte Qualitäten wie Fasswein zurückführt.

Als neue Märkte seien nach wie vor Tschechien, Polen oder besonders Russland interessant, das der am meisten versprechende Markt gewesen sei, bis aufgrund neuer Handelsbarrieren der Export erschwert wurde. Während Japan bereits gut erschlossen ist, stehen China und Indien derzeit nicht an vorderer Stelle, da die Erschließung der Märkte und das Etablieren der Weinkultur angesichts des erforderlichen finanziellen Einsatzes internationalen Großkonzernen überlassen würde und Österreich die Länder "danach abholen" möchte. Kontakt zu Schlüsselpersonen mit "Verteilerfunktion" - Sommeliers, Händler und Journalisten - halte man aber bereits jetzt. (Luzia Schrampf, DER STANDARD - Printausgabe, 30./31. Dezember 2006/1. Jänner 2007)