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Wien - "Sehen Sie meine Sorgenfalten?" Mit einer rhetorischen Gegenfrage beantwortete IHS-Chef Bernhard Felderer (er ist auch Präsident des Staatsschuldenausschusses) die Frage, wie er denn die heurige und für das nächste Jahr vorauszusehende Budgetentwicklung beurteile.

Sein Kollege, Wifo-Chef Karl Aiginger, sagte zwar, er würde "noch gut schlafen" können, würde das Budgetdefizit durch eine Milliarde Euro für Forschung und Bildung verursacht werden. Doch davon ist ja derzeit keine Spur, es gilt, die erste Teilzahlung der Eurofighter zu begleichen, eine "Mindestsicherung" zu finanzieren und vielleicht aus Einnahmen aus der Erbschaftssteuer zu verzichten.

Wolle man wirklich das Ziel eines ausgeglichenen Budgets über den Konjunkturzyklus erreichen wollen, dann wären heuer und nächstes Jahr eigentlich Überschüsse zu erwirtschaften. "Doch das trauen uns wir ja gar nicht fordern", so Aiginger, "ein Defizit das kleiner als ein Prozent ist, wäre schon gut", so der Wifo-Leiter am Donnerstag bei der Vorlage der "Winterprognose" der beiden führenden Institute. Das derzeit für 2007 absehbare Maastricht-Defizit von 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sei "vorsichtig formuliert zu hoch".

In Sachen Mindestsicherung

Sowohl Felderer wie auch Aiginger plädierten einerseits dafür, dass die von den Koalitionsverhandlern von SPÖ und ÖVP formulierten Ziele zu einer Mindestsicherung "schrittweise" umgesetzt werden sollten. Gleichzeitig mahnten beide ein, dass der Abstand zwischen Arbeitseinkommen und Mindestsicherung für arbeitsfähige Personen ausreichend hoch bleiben müsse, damit weiterhin Anreize bestehen, einen Job anzunehmen.

Gesamtwirtschaftlich gibt es derzeit keinen Grund, die Stirn in Falten zu legen: Wirtschaftsforschungsinstitut wie auch Institut für Höhere Studien haben ihre Wachstumsprognosen für 2007 um drei Zehntelprozentpunkte angehoben: Das Wifo prognostiziert nun für nächstes Jahr ein reales (inflationsbereinigtes) BIP-Plus von 2,7 Prozent, das IHS rechnet mit 2,6 Prozent (siehe Grafik). "Ein Dreier vor dem Komma" sei aber angesichts der rekordverdächtig gut laufenden Weltkonjunktur auch realistisch.

Leichte Entspannung am Jobmarkt

Gemäß der "Faustregel", wonach die Arbeitslosenquote bei einem Wachstumgrößer als 2,5 Prozent rückläufig ist, sehen beide Institute eine leichte Entspannung auf dem heimischen Jobmarkt - was am Donnerstag auch prompt bei Spitzen der ÖVP Lobgesänge über die eigene Politik auslöste.

Aiginger relativiert dies freilich: Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen 2006 sei konjunkturbedingt und "nicht besonders stark und bedeutet nur ein Zurück zu den Höchstständen der Neunzigerjahre". Das Problem im Land sei "in den Hintergrund gedrängt, aber nicht gelöst worden". Felderer bezeichnete die "Explosion" der Jugendarbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren als "böse Überraschung, gegen die wir Akzente setzen müssen". (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.12.2006)