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REUTERS/Emmanuel Fradin
Wer zuletzt kommt, den straft das Leben! Nicht unbedingt. Denn, wenn man heute über Digital-TV spricht und dabei im Hinterkopf eine kleine Fernsehrevolution ersehnt, sollte man sich hierzulande davor hüten all zu schnelle Entscheidungen zu treffen.

Zuerst möge man, gemäß des kritischen Wesens eines seriösen Konsumenten über die Möglichkeiten des digitalen Fernsehzeitalters reflektieren und die bisher realisierten Ziele und Ankündigungen seitens der Sender herausstreichen.

ORF

So verspricht unsere staatliche Rundfunkanstalt durch den Umstieg gleich mehrere Vorteile – allesamt verpackt in einer der vielen DVB-T-Boxen. MHP-zertifiziert sollte der Analog-Antennen-Ersatz allerdings schon sein, sonst kann für nichts garantiert werden. Der Verbraucher erlebt laut ORF ein besseres Bild und einen satteren Ton. Geht es nach dem Konsumentenschutz trifft das jedoch nur auf jene zu, deren analoge Empfangsvorrichtung kein sauberes Signal empfangen konnte. Daneben wird der textlastige Teletext durch den bilderbunten Multitext ersetzt – tatsächlich ein Mehrwert, wenngleich auch hier noch Feintuning zu verrichten ist. Auch Interaktivität spielt eine Rolle, nur welche ist noch nicht bekannt – schließlich sei man noch in der Planungsphase. Auf der dunklen Seite des Digital-TV-Umstiegs steht das Wort "Zwangsumstieg" und sein Kumpane "Teuer". Denn wer bisher mit seinen drei analogen Sendern zufrieden war, muss bis zum Sommer nächsten Jahres trotzdem wechseln und gute 100 Euro pro DVB-T-Box (je Fernseher) auf den Ladentisch legen, da das alte Signal einfach abgeschaltet wird.

GIS

Was für Seher von ORF-Digital schon lange gilt, wird nun auch für alle Freunde des terrestrischen Empfangs ernst – die GIS. Wer sich bisher davor drücken konnte dem Staat seinen Sold für zwei, drei sehenswerte Programme am Tag zu entrichten, wird mit dem Umstieg auch den Einstieg ins Bezahlfernsehen eingehen. Staatliche "Am Seher vorbei Fernseh-Finanzierung" ist nicht schön, aber Pflicht. Nun, solange ein Mehrwert für den Verbraucher dabei entsteht – und damit ist "die Wiederholung der ersten Staffel von 24, während andere bereits die 5. Staffel spielen" oder "der gesamte Wintersport des Jahres statt allen interessanten Filmen auf einem Sender, während Musikantenstadel am anderen Sender läuft", nicht gemeint, werte Programmgestalter des ORF.

Feature incomplete

Digital-TV hört bei DVB-T glücklicher Weise noch nicht auf und verspricht noch mehr. IPTV lässt die Herzen der Couch-Potatoes höher schlagen – zumindest vom Umfang der propagierten Features her. „Video on demand“ wird gern genannt, EPG und so und so eine Art Youtube wird es geben. Konkrete Programmformate stehen noch aus – man sei schließlich noch in der Planungsphase. Doch auch wenn die Telekom (dem einzigen Anbieter von IPTV in Österreich) nicht gern darüber spricht, die Kundenzahlen sind bislang äußerst bescheiden. Vielleicht Tausend oder gar Zweitausend nutzen das Angebot erst. Nicht ohne Grund. Denn wer sich für aon-Digital interessiert, sollte sich besser auch für Internet desselben Anbieters begeistern können – nur Fernsehen gibt’s nicht. Damit wären die Kosten bei jenen für ein hochwertiges PayTV-Packet wie von Premiere, nur ohne dem umfangreichen Angebot an Filmen und Themen-Kanälen.

HDTV

Was wäre ein Satz über Digital-TV, würde man ihn nicht beenden mit HDTV. Mit der WM06 wurde der Hype losgetreten und ein Bruchteil Europas durfte erstmals erblicken, was etwa 80 Prozent unserer japanischen fernschauenden Kollegen seit Jahren über ihre Netzhaut flimmern lassen. Klar, die euphorischen Vergleiche der Sender-Chefs von Premiere und Pro7/Sat1 wie „die HDTV-Einführung kommt dem Wechsel von S/W auf Farbe gleich“ streifen den Kopf des Nagels eher als ihn zu treffen, zu einem besseren Bild sagt an sich aber niemand nein. Auf den Schultern der Kabel und Satellit-Konsumenten lastet hier ausnahmsweise kein Druck – die Kosten für diesen Umstieg haben die Sender allein zu tragen. Wer sich jetzt bereits Gedanken macht über LCD oder Plasma sollte in Kauf nehmen, als Early-Adopter die Rolle des Versuchskaninchens einzunehmen. Auf der einen Seite weiß nämlich niemand, wann HDTV in großer Breite verfügbar ist und auf der anderen Seite käme die Anschaffung eines neuen Flachbildschirms nicht gerade zum idealsten Zeitpunkt.

HD-Ready, Full-HD

So gilt es zu überlegen, welchen Zweck mein Fernseher erfüllen muss. Sehe ich einfach nur fern oder erwäge ich in Zukunft auch Medien wie Bluray anschaffen zu wollen oder gar gleich eine PS3?

Das "Güte-Siegel" HD-Ready verspricht nämlich nur die niedrige HD-Auflösung von 1280 x 720 in Vollbildern (720p) wiederzugeben – 1920 x 1080 Zeilen werden lediglich in Halbbildern (1080i) ausgegeben, was ein unruhigeres Bild nach sich zieht. Selbst neu ernannte Full-HD-Fernseher garantieren keine maximale Auflösung von 1080p, denn hier handelt es sich rein um eine Selbstzertifizierung der Hersteller.

Reine Fernseh-Freaks, die gezwungen sind eine Neuanschaffung zu tätigen ( zu viel Wii gespielt? ), können jetzt schon bei 1080i-Geräten zu schlagen, denn übers Fernsehen wird 1080p voraussichtlich nicht sobald zu empfangen sein. Alle anderen sollten sich noch gedulden und warten, bis die Industrie den neuesten Stand der Technik auf den Markt wirft. Bluray und PS3 versprechen ausdrücklich Vollbilder in 1920 x 1080 (1080p) wiedergeben zu können, ein Detail das unbedingt beachtet werden sollte. Und wenn diese neuen Medien bei uns eintreffen, gilt es wieder Ruhe zu behalten, denn irgendwo war da was mit einem Kunden-unfreundlichem Kopierschutz und Geräte-Inkompatibilität – mehr dazu in den nächsten Wochen, wir sind schließlich noch in der Planungsphase. (Zsolt Wilhelm)