Die acht wichtigsten Banken Österreichs haben das Land mit einem flächendeckenden Kartell überzogen, Konditionen für Spareinlagen und Kredite abgesprochen und darüber hinaus die "Abschottung des Marktes konsolidiert". Erste Bank, Bank Austria-Creditanstalt, Raiffeisen Zentralbank, Bawag, Volksbanken, PSK, Niederösterreichi-sche Landes-Hypothekenbank und die Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich-Wien müssen deswegen eine Strafe von zusammen mehr als 120 Millionen Euro bezahlen. Die Institute hätten die entsprechenden Vorwürfe der EU-Kommission nicht widerlegen können. So lautet das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Verfahren, das die Banken gegen die Kommission angestrengt haben. Die Kommission hatte 2002 gegen die Institute eine Strafe von 124,26 Mio. Euro verhängt. Lediglich für die PSK brachte der Gang zu Gericht Erfreuliches: Die Strafe wurde auf 3,79 Mio. Euro halbiert, da das Gericht die von der EU angenommenen Marktanteile nicht nachvollziehen konnte. Alle anderen Strafen wurden bestätigt (siehe Grafik). Die Banken hatten in ihrer Klage gegen die Kommission die Teilnahme am Kartell nicht mehr bestritten, führten aber an, dass die in Brüssel zugerechneten Marktanteile (maßgebend für die Strafhöhe) nicht der Realität entsprachen und nicht alle Banken immer bei den Treffen im Wiener Hotel Bristol anwesend waren.

Potenziell kumulierte Wirkung

Der EuGH hält dem entgegen, dass die "potenzielle kumulierte Wirkung aller Treffen" zu berücksichtigen war. Bei den Spitzeninstituten der einzelnen Sektoren – Raiffeisen Zentralbank, Erste Bank und Volksbanken AG, rechnete die Kommission nach Meinung der EU-Richter zu Recht den Marktanteil des gesamten Sektors, also alle Raiffeisenbanken, Sparkassen und Volksbanken, hinzu. "Diese Vorgehensweise war erforderlich, um eine korrekte Beurteilung der tatsächlichen Fähigkeit der Spitzeninstitute, den Wettbewerb zu verfälschen, zu ermöglichen", heißt es in dem Urteil aus Luxemburg.

Die österreichischen Banken sind mit dem Urteil naturgemäß nicht zufrieden. Sie wollen das Urteil noch genau analysieren und gegen die Entscheidung Rechtsmittel prüfen. Nur die Bawag PSK zeigt sich mit dem reduziertem Bußgeld zufrieden.

Urteil analysieren

"Wir werden das Urteil analysieren und dann entscheiden, ob wir berufen", sagte Erste Bank-Sprecher Michael Mauritz. Dafür habe man zwei Monate Zeit. Das Bußgeld habe die Erste schon überwiesen. Auch die Raiffeisen Zentralbank und die NÖ-Landesbank-Hypothekenbank haben ein anderes Urteil erwartet und wollen gegen die EuGH-Entscheidung Rechtsmittel prüfen.

In Raiffeisen nahe stehenden Kreisen stößt die EuGH-Entscheidung laut APA auf Unverständnis. Da das Leitinstitut RZB kein Privatgeschäft betreut, wird das Bußgeld von 30 Mio. Euro als zu hoch empfunden. Der Begründung der EU-Kommission, das Spitzeninstitut des Sektors zu bestrafen, fehle jede innere Logik, da ja auch die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien bestraft wurde.

"Das Urteil ist völlig unzufriedenstellend und enttäuschend", sagte Richard Juill, Vorstandsdirektor der Hypo NÖ. Auch die BA-CA will noch genau analysieren, ob gegen das Urteil berufen wird. Österreich zähle zu den billigsten Anbietern von Finanzdienstleistern in Europa. "Die Treffen, die auf Einladung der Nationalbank stattfanden, hatten keine Auswirkungen auf die Preisgestaltung unserer Produkte", versicherte ein Sprecher der BA-CA. (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2006)