Im Weltall hat man Zeit. Wer nicht gerade im Gefrierschlaf liegt, kann die Tage vertändeln, denn es gibt ja gar keine Tage. Es herrscht immerwährende Nacht, stetes Zwielicht, in dem die Ereignisse ihre eigene Leuchtkraft entwickeln müssen. So nimmt sich Ridley Scott das Raumschiff vor, den Frachter "Nostromo", und erforscht dessen endlose Gänge mit Kamerafahrten, die so langsam sind, dass sich das Zeitgefühl des Zuschauers verändert. Der Blick macht Streifzüge über Konstruktionen aus Stahl, wandert durch Höhlen und Hallen und hinter verzahnte Türen, lässt das Schiff an sich vorübergleiten - ein Labyrinth von ungeheurer Größe, aufmerksam eingefangen in CinemaScope. Auch die Besatzung der "Nostromo" teilt die Ruhe. Nichts geschieht hier schnell, was den Eintritt des Monsters ins Geschehen umso erschreckender macht, denn das Monster ist Geschwindigkeit, ist Bewegung und Gewalt im sonst so sanften Sternendunkel.

Die unterkühlte Atmosphäre, die zwischen den Raumfahrern herrscht, stellt einen Gegensatz her zu den beinahe verliebten Bildern des Schiffs. Ripley und Kollegen haben ein eher wortkarges Verhältnis, einziges Gesprächsthema ist ihre Bezahlung, die hoffentlich stimmen wird, diesmal wenigstens, nach dieser Mission. Manchmal bricht Unruhe aus, Unlust an der Arbeit, missgünstige Dialoge durchziehen die Weiten verschiedener Sonnensysteme. 1979 ist das Weltall voller Möglichkeiten für Non-Professionals, es bietet saisonale Jobs, ein Einkommen für Ungelernte. Noch wird hier der Arbeiter beschäftigt, nicht das Militär, und dessen Denken gilt höchst irdischen Belangen. Das wird erst jetzt, erst durch das Eindringen des fremdartigen Ungeheuers, verändert und verlagert ins Kriegerische.

Was "Alien" jedoch heraushebt aus der Masse des SF-Kinos der Seventies, ist nicht der Arbeitskampf oder der entspannte Umgang mit unbekannten Organismen. Es ist Ripley. Ripley ohne Vornamen, Stimme der Vernunft, die allein kurz zur Quarantäne aufruft, als ihre Kollegen unbeschwert das Alien ins Raumschiff holen. Gespielt von Sigourney Weaver trägt Ripley den Film mit sich davon, ein wenig ironisch, voll Misstrauen, entscheidungsfähig unter Druck. Dabei ist sie noch längst nicht die harte Anführerin der kommenden Fortsetzungen. Tatsächlich weint sie und rennt weg; aber sie denkt beim Weinen nach - so hat sie überlebt, bis heute, als einzig ernst zu nehmende Frau im All. (Doris Kuhn/ RONDO/DER STANDARD, Printausgabe, 07./08.12.2006)