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Für die Bezirksvorsteherin könnte die Innenstadt mit "kleinen Kammerkonzerten" zum anspruchsvollen Jahrmarkt für Musikhochschüler und Schauspieler ohne Jobchancen werden

Foto: APA/ HANS PUNZ
Wien – Ein Jahr als Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt war für Ursula Stenzel (VP) "ein Jahr Kulturkampf auf niedrigstem Niveau". Jeder konzeptionelle Ansatz werde vom Rathaus im Keim erstickt, zog die City-Chefin am Dienstag Bilanz. "Wenn ich nur den Begriff Manifest für urbane Ästhetik ausspreche, werde ich schon in die Perlenketten-Ecke gestellt", empört sich Stenzel nach einem Gespräch mit Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP). Dieser empfinde die City als "Kampfzone für ein klassenkämpferisches Kulturkonzept". Besonders schmerzt sie der Vorwurf, eine elitäre Politik zu betreiben. "Ich versuche nur, der Bevölkerung eine Stimme zu geben und die Fehlentwicklungen der letzten Jahre zu korrigieren", beteuert Stenzel. Nachsatz: "Es ist entglitten."

Kunst ohne Spenden

Doch auch Stenzels neuester Vorschlag, die Einrichtung einer Straßenkunstmeile zwischen Hofburg und Museumsquartier, sei auf einen "Eisernen Vorhang" gestoßen. Die City-Chefin wünscht sich ein Künstlerviertel, "mit Straßenkunst, die den Namen wirklich verdient". Dazu sollen Studenten der Musikhochschule und Schauspieler ohne Jobchancen "anspruchsvolle Straßenkunst in der Tradition der Jahrmärkte" praktizieren, aber ohne Spenden zu erbitten. In den Straßen der Innenstadt mögen "kleine Kammerkonzerte" stattfinden, jegliche andere Künstler sind für Stenzel "Bettler, die Kunden verscheuchen und für Touristen und Anrainer mehr und mehr zur Last werden".

Reformbedarf in der Inneren Stadt

Der Reformbedarf in der Inneren Stadt werde völlig negiert, wirft Stenzel dem Kulturstadtrat vor. "Stenzel hat bisher keine Konzepte vorgelegt", erwidert eine Sprecherin von Mailath-Pokorny. "Das ist sehr elitär, abgehoben und realitätsfern, wenn sie Straßenkünstler vertreiben und durch bei der Stadt angestellte Hochschüler ersetzen will." Jahrzehntelang habe man sich bemüht, das Stadtzentrum zu beleben. Stenzel vertrete lediglich die Einzelinteressen ihrer Wählerschaft.(Karin Krichmayr, DER STANDARD Printausgabe, 06.12.2006)