Kunst und Kultur
"One World - One Love Parade"
Über eine Million Techno-Fans auf Berliner Love Parade - 30 Verletzte bei Feuer in U-Bahn-Station
Berlin - Berlin bebte im Techno-Fieber. Mehr als eine Million RaverInnen tanzten am Samstag ausgelassen auf der Love
Parade 2000. Das weltweit größte Techno-Fest stand dieses Jahr unter dem Motto "One World - One Love Parade". Love-Parade-Initiator
"Dr. Motte" nannte das Spektakel im Berliner Zentrum, das in ausgelassener Stimmung und mit schrillen Outfits auf über 50 Lastern über die
Bühne ging, eine Parade für Liebe, Toleranz und Völkerverständigung. Am Abend fand die Abschlusskundgebung bei der Siegessäule
statt. 53 Musik-Trucks
In Berlin tanzten - trotz eher kühler Temperaturen - die aus ganz Europa angereisten RaverInnen zu hämmernden
Techno-Beats. 53 Musik-Trucks von Clubs, Plattenlabels und Werbepartnern sorgten für ausgelassene Party-Stimmung. Zu den Rennern auf
der Love Parade gehörten pink-farbende Outfits, Fellstulpen und die obligaten Trillerpfeifen. "Dr. Motte" meinte hoffnungsfroh: "Wir werden
die Welt durch gemeinsames Tanzen zum Frieden verändern." Einer der ältesten Teilnehmer des Spektakels war wohl der 72-jährige
Chorleiter Gotthilf Fischer, der beim Brandenburger Tor das Volkslied "Hoch auf dem gelben Wagen" in einer Techno-Version zum Besten
gab.
Erschöpfungszustände, Asthmaanfälle und Kreislaufzusammenbrüche
Auch die deutsche Grünen-Vorsitzende Renate Künast und FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle hatten sich unter das Partyvolk
gemischt. Für die 771 SanitäterInnen und 40 ÄrztInnen des Malteser Hilfsdienstes bedeutete die Love Parade dagegen Dauerstress. Bis zum
Nachmittag wurden 366 Raver wegen Erschöpfungszuständen, Asthmaanfällen und Kreislaufzusammenbrüchen versorgt. Viele der
behandelten Jugendlichen standen unter Alkohol- und Drogeneinfluss.
Proteste von UmweltschützerInnen
Die Routenführung der Love Parade durch den Berliner Tiergarten stößt seit Jahren auf Proteste von UmweltschützerInnen, da der Aufmarsch der
Raver regelmäßig zu schweren Schäden an den Pflanzen der Parkanlage führt. Um riesige Müllberge zu vermeiden, verhängte der Berliner
Senat an der Strecke erstmals ein Dosenverbot für den Getränkeverkauf. An den 150 Ständen musste für jeden Becher ein Pfand von 50
Pfennig bezahlt werden. Erstmals musste der Caterer auch die Kosten für die Müllbeseitigung an der Straße des 17. Juni übernehmen. Im
Vorjahr hatten die Raver 300 Tonnen Müll an der Strecke und im Berliner Tiergarten hinterlassen. 325.000 Mark (166170 Euro/2,29 Mill.
S) kosteten die Aufräumarbeiten.
Neu auf der Berliner Parade waren acht Video-Leinwände, auf die SMS-Nachrichten von Handys aus aller Welt projiziert wurden. Aus der
Luft war das Großereignis auch zu verfolgen: Vom Berliner Flughafen Tempelhof hob nach Veranstalterangaben jede halbe Stunde eine
Antonow A-2 zum Rundflug über die Metropole ab. Auch hatten die Organisatoren erstmals ein so genanntes Truck-Voting ins Leben
gerufen, um den schönsten Wagen zu prämieren.
Die Berliner Polizei war nach eigenen Angaben mit 2.300 BeamtInnen im Einsatz. Die PolizistInnen bekamen Verstärkung von 800 BeamtInnen des
Bundesgrenzschutzes, die aus Brandenburg, Bayern, Sachsen und Hessen angereist waren. Nach Polizeiangaben wurden zunächst
hauptsächlich DrogendealerInnen festgenommen, die Ecstasy-Tabletten an die Partygäste verkaufen wollten.
Feuer in einer Berliner U-Bahn-Station
In der Nacht zum Samstag verunglückte nach Angaben des Bundesgrenzschutzes ein 20-Jähriger beim S-Bahn-Surfen tödlich. Der junge
Mann hatte sich zwischen den Stationen Bellevue und Lehrter Stadtbahnhof zu weit aus der S-Bahn gelehnt und wurde von einem
entgegenkommenden Zug erfasst. Der 20-jährige Deutsche starb noch am Unfallort. Überschattet wurde das Fest von einem Feuer in einer Berliner U-Bahn-Station, bei dem 30 Menschen verletzt wurden.
Die Techno-Fans waren bereits seit Freitagabend mit Autos, Bussen und Zügen in die Hauptstadt gekommen. Die Bahn wurde dem Ansturm
kaum gerecht, sie setzte deutlich mehr als die ursprünglich geplanten 130 Sonderzüge aus dem gesamten Bundesgebiet ein. Vielerorts
herrschte an Bahnhöfen und den Treffs der Techno-Szene dichtes Gedränge, auf den Autobahnen in und um Berlin ging teilweise nichts mehr. (APA)