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In Großbritannien planen Polizeipsychologen der Home Prevention Unit (HPU), einer Abteilung von Scottland Yard, ein Datenbanksystem, mit dessen Hilfe eine Liste der 100 potenziell gefährlichsten Mörder und Gewaltverbrecher erstellt werden soll, berichtet die britische Times Online. Die Software wird dafür mit Persönlichkeitsprofilen von verstorbenen oder bereits verurteilten Gewaltverbrechern gefüttert. Anhand der entstehenden Profile sollen riskante Personen frühzeitig identifiziert werden, noch bevor sie ein Verbrechen tatsächlich begehen können. "Meine Vision ist es, dass wir für London wissen, wer diese 100 gefährlichsten Personen sind", meint Laura Richards, Leiterin der HPU.

Merkmale

Neben den Profilen von verstorbenen Verbrechern werden auch aus Gesprächsdaten mit verurteilten Mördern sowie aus wissenschaftlichen Erkenntnissen aller Art Merkmale herausgearbeitet, anhand derer potenzielle Mörder identifiziert werden können. Richards erklärt, es gebe "einige sehr gefährliche Menschen da draußen", weswegen man die Risikomodelle benötige, um sie zu erkennen. "Es ist der Versuch, einen Ian Huntley herauszupicken, bevor er losgeht und den Mord begeht. Dann haben wir die Möglichkeit zu verhindern, dass sich etwas in ein tödliches Ereignis verwandelt." Richards ist überzeugt, dass man die riskanten Menschen erkennt, wenn alle Daten zusammengetragen werden.

Methoden

"Profiling-Methoden werden hierzulande zur Aufklärung von Verbrechen genutzt. Dabei werden natürlich Daten von bereits geschehenen Gewalttaten herangezogen. Jedoch soll dies helfen, Parallelen aufzudecken und Hinweise zu aktuellen Straftaten zu bekommen, die bei der kriminalistischen Arbeit weiterhelfen können", sagt Gerald Hesztera, Sprecher des österreichischen Bundeskriminalamtes. "Vorausschauende Systeme gibt es bei uns nicht", stellt er klar, wollte jedoch das britische Datenbanksystem im Detail nicht kommentieren.

Bedenklich

Science-Fiction-Visionen wie in Steven Spielbergs Film Minority Report, wo die Verhaftung eines möglichen Mörders vor der eigentlichen Tat stattfindet, könnten mit der HPU-Datenbank erschreckende Realität werden. "Was passiert, wenn eine potenziell gefährliche Person gefunden wird", lautet die berechtigte Frage von Datenschützer und Menschenrechtsaktivisten. Laut Richards gäbe es hierfür zwei Möglichkeiten: Einerseits könnte die Polizei die betreffende Person festnehmen oder aber Sozialbehörden informieren, um den Verdächtigen einer Therapie zuzuführen.

Big Brother

Kritiker sprechen davon, dass Großbritannien "schlafwandelnd" in einen Überwachungsstaat übergehe. Datenschützer Simon Davies meint: "Es ist zwar das Recht und die Aufgabe der Polizei, Verbrechen zu verhindern und Verdächtige um Auge zu behalten, jedoch ist es unanständig eine 'potenzielle Verbrecher Liste' mit Personen zu führen, die eine Straftat begehen könnten." Laut Times Online ist die erstellte Datenbank bereits seit zwei Monaten in einigen Stadtbezirken Londons im Einsatz. Zugriff auf die Namen auf der Liste scheinen nicht nur Polizisten, sondern auch andere Behörden zu haben, um Gewalttaten zu verhindern. Im Augenblick beschränke man sich jedoch auf Menschen, die bereits durch Gewalt in der Familie aufgefallen sind. (pte)