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Eine Blechwalze, daneben ein Armbandriegel und diverse Punzen. So steht das Werkzeug da, im Hintergrund des winzigen Goldschmiedegeschäfts. Als sei es selbst ein Schmuckgegenstand – mit genauso viel Sorgfalt hergestellt und mit der gleichen Liebe im Laden drapiert wie die Juwelen aus Perlmutt oder Bergkristall, die in den Vitrinen liegen. "Ich mag die Materialästhetik von Werkzeug", sagt Ernestine Navratil, und man muss sich nur in ihrem Geschäft umsehen, um zu wissen, was sie meint.

Ganz schlicht ist der gerade einmal 12 m² große Geschäftsraum in der Wiener Stallburggasse gehalten, den Navratil nach Jahren der "Heimarbeit" vor einigen Wochen bezogen hat. Dezent schimmern ihre Initialen auf der Eingangstür, nüchtern blinken die vielen Spiegel, poliert glitzern die schönen Lichtschalter. Und doch atmet alles eine Wärme, wie es sie nur an Orten gibt, in denen etwas handwerklich hergestellt wird. Im Falle von Ernestine Navratil ist dies Schmuck. Nicht betont modischer, aber auch kein unmodischer. "Mir ist wichtig, dass etwas zeitlos ist", sagt sie und zeigt einem dann das Trompetencollier aus Weißgold mit den vielen eingelassenen Aquamarinen, das zu ihren derzeitigen Lieblingsstücken gehört.

Vor knapp drei Jahren hat sich die Goldschmiedin selbstständig gemacht – auch wenn der Markt für handwerklich hergestellten Schmuck nicht besonders groß ist. In der Stallburggasse, eingezwängt zwischen Antiquitäten- und Schmuckgeschäften, hat sie jetzt eine Heimat gefunden. "Ein tolles Viertel", sagt sie, "hier leben und arbeiten lauter kleine, eigenwillige Persönlichkeiten." Und hier funktioniert auch noch eine kleinteilige Geschäftsstruktur, die andernorts bereits tot ist. Dank Persönlichkeiten wie Ernestine Navratil wird das hier allerdings nicht so schnell der Fall sein. (hil/Der Standard/Rondo/24/11/2006)