Erika Steinbach ist gar keine Vertriebene, sondern das Kind eines Wehrmachtssoldaten, der im Zweiten Weltkrieg in Polen stationiert war. Die Heimat der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen (BdV) ist auch nicht Westpreußen, wie es in ihren offiziellen Lebensläufen heißt, sondern Hessen, wo Erika Steinbach bis heute lebt. Über ein Jahr lang recherchierten Journalisten der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita, um das Geheimnis der tatsächlichen "Heimat" Erika Steinbachs zu lüften. Von Jerzy Haszczynski und Piotr Adamski mit den Dokumenten konfrontiert, gestand sie zu, gewissermaßen zufällig in Rumia, das die Naziokkupanten wieder Rahmel nannten, geboren worden zu sein. Dies wäre nicht weiter ehrenrührig, wenn Erika Steinbach nicht immer wieder öffentlich behaupten würde, aus Westpreußen vertrieben worden zu sein. Ihre permanenten Forderungen nach einem "Heimatrecht" für "uns Vertriebene" und nach einer "Entschädigung für den Verlust der Heimat" muten zumindest merkwürdig an, wenn man weiß, dass die CDU-Abgeordnete damit für sich und ihre Familie die Rückkehr ins nazideutsch besetzte Polen fordert. Zu der Zeit, als Erika Hermann, heute verheiratete Steinbach, geboren wurde, hatten die Nazibehörden Rumia bei Gdingen/Gdynia wieder in Rahmel umbenannt. Bereits im Herbst 1939 hatten Sicherheitsdienst, Gestapo und Polizeibataillone Rumia "pazifiziert", so genannte "politisch unzuverlässige Elemente" sofort erschossen oder ins Konzentrationslager Stutthof verschleppt. Einen großen Teil der polnischen Bevölkerung vertrieben die deutschen Besatzer ins benachbarte Generalgouvernement, das dem Reich künftig als "billiges Arbeiterreservoir" dienen sollte. Polen ausquartiert In die leeren Häuser von Rumia/Rahmel zogen Balten-und Bessarabiendeutsche aus dem sowjetisch besetzten Teil Europas ein. Und auch die Besatzer aus dem Deutschen Reich brauchten Wohnungen. Für die verbliebene polnische Bevölkerung wurden drei Zwangsarbeitslager in Rumia/ Rahmel eingerichtet. Der Vater Erika Steinbachs, der aus Bremen stammende Wilhelm Karl Hermann, war als Feldwebel im "Fliegerhorst Rahmel" stationiert. Hier wurden Jagdflieger und Bomber zusammengebaut und Bordschützen ausgebildet. Im Januar 1943 heiratete er im besetzten Rumia/Rahmel Erika Grote aus Hanau. Im Juli wurde Tochter Erika geboren. Anderthalb Jahre später, im Februar 1945, floh die Besatzerfamilie vor der Roten Armee nach Schleswig Holstein, von dort weiter nach Berlin, um schließlich in die Heimatstadt der Mutter Erika Steinbachs zurückzukehren - nach Hanau. (Korrespondentin Gabriele Lesser aus Warschau)