Nach dem Treffen mit Alfred Gusenbauer gab sich Bundespräsident Heinz Fischer eher wortkarg: "Sehr interessant" war alles.

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SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat Freitagabend Bundespräsident Heinz Fischer über die Wiederaufnahme der Koalitionsgespräche mit der ÖVP informiert. Nach dem rund 45-minütigen Treffen in der Hofburg zeigte sich das Staatsoberhaupt wortkarg. Die Information durch Gusenbauer sei "sehr interessant" gewesen, war das Einzige, was Fischer bei einem kurzen Auftritt vor Journalisten kundtat. Am Montag wird der Bundespräsident um 10.00 Uhr Bundeskanzler Wolfgang Schüssel empfangen.

Gusenbauer berichtete, dass das Staatsoberhaupt angesichts der aktuellen Entwicklungen mit Optimismus in die kommenden Tage blicke. Befragt, welche Rolle Fischer während der letzten Tage gespielt habe, meinte der SPÖ-Chef, das Staatsoberhaupt habe sich stets konstruktiv gezeigt wenn es um das Ziel ging, eine stabile Regierung zu bilden. Fischer sei "ein wirklich wertvoller Begleiter der Regierungsverhandlungen".

Aus Luxemburg zurückgekehrt

Zuvor war der Bundespräsident am Freitag aus Luxemburg zurückgekehrt. Eine Vergnügungsreise hätte anders ausgesehen: Ganze 24 Stunden blieben Heinz Fischer, durch ein dichtes Programm zu hetzen: Treffen mit dem Großherzog-Paar Henri und Maria Teresa, Gespräch mit dem Luxemburger Premierminister Jean-Claude Juncker, Besuch des EuGH, Treffen mit dem luxemburgischen Außenminister, Eröffnung der Barock-Gastausstellung der Galerie Belvedere, Besuch der Philharmonie – und immer wieder Telefonate mit daheim.

Vor allem mit ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer war Fischer nach Auskunft der Präsidentschaftskanzlei in „telefonischem Kontakt“. Wegen der – von ihm erhofften – Wiederaufnahme der Regierungsverhandlungen verkürzte er seinen Staatsbesuch in Luxemburg schon vor Antritt der Reise. Auf Ersuchen von Gusenbauer traf Fischer den sozialdemokratischen Verhandlungsführer gleich nach seiner Ankunft in Wien. Der Bundespräsident soll dem Vernehmen nach vom SPÖ-Chef noch knapp vor dem Abflug in Luxemburg in groben Zügen darüber unterrichtet worden sein, dass die Verhandlungen weitergehen. Die Agenturmeldung über die Details der Vereinbarung zwischen SPÖ und ÖVP überbrachte ihm sein Chauffeur am Flughafen Schwechat.

Abwartend

Sowohl in der SPÖ als auch in der ÖVP erwarteten die Strategen am Freitag, dass sich der Bundespräsident auch weiterhin abwartend verhalten würde. „Er wird uns keine Frist für die Verhandlungen setzen, er will, dass sich das Klima entspannt“, sagte ein SP-Stratege am Freitag.

Mit der Wiederaufnahme der Verhandlungen ist Fischer seinem ursprünglichen Ziel unmittelbar nach den Wahlen, der Angelobung einer „stabilen Regierung“, jedenfalls ein Stück näher gerückt. Die Großkoalitionäre in beiden Parteien, vor allem die Sozialpartner, mit denen Fischer gute Kontakte pflegt, scheinen nunmehr gestärkt, mit etwas gutem Willen, so hofft man in der Hofburg, könne man schon zu Beginn des kommenden Jahres die neue Regierung angeloben.

Auf den Faktor Zeit (und auf die Vernunft aller Beteiligten) hoffte Fischer auch schon in den letzten Wochen. Er ließ sich nicht drängen. Weder von jenen in der SPÖ, die einer Minderheitsregierung das Wort redeten, noch jenen in der ÖVP, die Fischer parteipolitische Motive unterstellten – wie zuletzt kaum verbrämt der steirische VP-Chef Hermann Schützenhöfer. Fischer ließ sich gut beraten – und schwieg die meiste Zeit.

Was aus Tirol am Freitag gewürdigt wurde: Der Tiroler Landeshauptmann und VP-Chef Herwig van Staa hielt eine große Koalition inhaltlich für durchaus machbar. Einer der Hauptarchitekten dabei sei Fischer: "Sollte die große Koalition zu Stande kommen, hat aber sicher der Bundespräsident einen großen Anteil daran", sagte van Staa in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" (Samstag-Ausgabe). Zwischen Schüssel und Fischer habe es "sehr positive Gespräche" gegeben. (APA, red, Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe 18./19.11.2006)