Auf Bundespräsident Heinz Fischer kommt einige Arbeit zu, will er seine Wunschkoalition noch durchsetzen.

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Bundespräsident Heinz Fischer wird heute von SP-Chef Alfred Gusenbauer über den Stand der Bemühungen um eine große Koalition informiert. In der Hofburg wird längst intensiv über Alternativszenarien nachgedacht, die bei einem Scheitern greifen sollen.

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Ganz aus den Niederungen der heimischen Innenpolitik entfernen kann sich auch ein Bundespräsident in Tagen wie diesen nicht. Heinz Fischer wird seinen Staatsbesuch in Luxemburg am Freitag früher als geplant beenden und bereits um 17.00 Uhr wieder in Wien eintreffen. Der geplante Privatbesuch beim luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn wird gestrichen.

Besucht wird umgekehrt Fischer bei seiner Rückkehr, wenn auch nicht privat. SP-Chef Alfred Gusenbauer wird, so ist aus der Löwelstraße zu hören, noch am Freitagabend zum Bundespräsidenten pilgern, um ihn über die neuesten Entwicklungen zu informieren.

Noch von Luxenburg aus begrüßte Fischer am Donnerstagabend das zaghafte Wiedereinschwenken von ÖVP und SPÖ in Richtung Verhandlungstisch. Er befürworte "Schritte, die die Verhandlungspartner zueinander führen". Neben dem freitäglichen Gesprächstermin mit SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer habe auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) ihm telefonisch versichert, dass er in Kontakt bleiben wolle. Termin gebe es jedoch noch keinen.

Ausstiegsmodell

Sollte in einigen Wochen absehbar sein, dass aus einer großen Koalition vorerst nichts wird, könnte Fischer zu einer Finte greifen, wie ein SP-Stratege und Kenner des Bundespräsidenten skizziert: Alfred Gusenbauer erklärt offiziell seine Bemühungen um eine Regierungsbildung mit der ÖVP für gescheitert; der Bundespräsident beauftragt Gusenbauer daraufhin, eine Minderheitsregierung zu bilden – mit dem daran geknüpften Auftrag, bis zu einer bestimmten Frist weiter Koalitionsgespräche zu führen.

Die ÖVP- und BZÖ-Minister müssten daraufhin ihre Büros räumen, SPÖ-Minister würden einziehen und die Regierungsgeschäfte vorläufig weiterführen. Das könnte noch einmal Dynamik in die Gespräche mit der ÖVP bringen, wenn diese erkennt, dass es Ernst ist und sie tatsächlich ihre Machtpositionen verliert. Der Bundespräsident könnte argumentieren, er habe alles versucht, um die Bildung einer stabilen Regierung zu unterstützen, und die SPÖ könnte – sollte sie im dritten Regierungsbildungsanlauf ebenfalls scheitern – zumindest als „Kanzlerpartei“ in einen Frühjahrswahlkampf ziehen.

Bedingungen der SPÖ

Eine andere Variante wird allerdings ebenso ventiliert, und die wäre der SPÖ angeblich um einiges sympathischer: Bei seinem Treffen mit Schüssel legt Gusenbauer dem VP-Chef seinerseits ein Papier vor, auf dem die inhaltlichen Bedingungen der SPÖ verzeichnet sind. Akzeptiert Schüssel, dass trotz gegensätzlicher Positionen Verhandlungen mit dem Ziel aufgenommen, diese abseits der Festlegung der großen inhaltlichen Linie auszuräumen, wird Gusenbauer das dem Präsidenten berichten und sich seinen Sanktus zur Fortführung der Gespräche holen. (DER STANDARD, Printausgabe 17.11.2006)