Der österreichischen Innenpolitik mangelt es dieser Tage sicher nicht an Absurditäten. Sie alle aber werden vom Gezerre und Gezeter um den Banken-Untersuchungsausschuss in den Schatten gestellt. Bei einem besonders heiklen Thema, wo Vernunft und Augenmaß gefragt wären, benehmen sich alle Parlamentsparteien gleichermaßen wie unerzogene Kinder.

Der Bankenausschuss war von Anfang an eine überflüssige Übung in billigem Populismus. Die Turbulenzen in der Bawag, Hypo Alpe-Adria und anderen Kreditinstituten sind die Folge vom gravierenden Managerversagen, das von den zuständigen Kontrollbehörden und gegebenenfalls von Gerichten untersucht werden muss. Sollte in verschiedenen osteuropäischen Deals der Telekom Austria und des Raiffeisen-Sektors tatsächlich etwas Unrechtes geschehen sein, dann ist die Justiz in Österreich und in den betroffenen Ländern gefordert, aber zunächst nicht das Parlament.

Politische Verantwortung entsteht erst, wenn es um die Qualität der heimischen Bankenaufsicht geht. Die ist sicherlich verbesserungswürdig, weil die Finanzmarktaufsicht zu wenig Mitarbeiter hat und sie sich ihre Aufgabe mit der Nationalbank teilen muss. Doch auch hier ist ein U-Ausschuss inmitten heikler Koalitionsverhandlungen weder notwendig noch klug. Besser wäre es, die Reform der Bankenaufsicht zu einem zentralen Punkt des nächsten Regierungsprogramms zu machen und mit einer parlamentarische Untersuchung der Causa Bawag auf den Abschluss des Gerichtsverfahrens zu warten.

Dass die Grünen auf diesen Ausschuss gedrängt haben, zeugt von latenten antikapitalistischen Reflexen, die ihre Regierungsfähigkeit in Frage stellen. Dass die SPÖ sich nicht traute, zu diesem Anliegen Nein zu sagen, beweist ihr fehlendes taktisches Geschick; sie hat damit ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel die schärfste Munition gegen die Koalitionsverhandlungen in die Hand gegeben. Und die Ahnungslosigkeit, die der - einstimmig gewählte - Ausschussvorsitzende Martin Graf von der FPÖ an den Tag legt, macht deutlich, wie dünn die Personaldecke der Strache-Fraktion wirklich ist.

Aber auch die ÖVP will in der Bankenposse unbedingt mitspielen. Der heutige Gipfel mit den Chefs der betroffenen Unternehmen ist bestenfalls eine Provokation, im schlimmsten Fall der Versuch einer ungebührlichen Einflussnahme auf ein laufendes Verfahren. Ginge es Schüssel tatsächlich darum, Schaden für den Ruf des Finanzplatzes Österreich durch die Anhörungen abzuwenden, dann hätte er die Spitzen aller Großbanken einladen müssen. Denn die fühlen sich genauso betroffen, wenn öffentlich Schmutzwäsche aus ihrer Branche gewaschen wird.

Allerdings wirkt die ganze Empörung der Top-Banker über den Ausschuss und ihre Warnungen vor schwerem volkswirtschaftlichen Schaden gekünstelt und unehrlich. Natürlich ist es nicht angenehm, von Abgeordneten mit Fragen bombardiert zu werden, aber unter dem Schutz des Bankgeheimnisses werden sie die meisten unbeantwortet lassen können. Bawag und Hypo haben in puncto Reputation ohnehin nicht mehr viel zu verlieren. Es ist kaum damit zu rechnen, dass irgendein internationaler Anleger sich wegen dieses Spektakels aus Österreich zurückzieht, ein Fonds seine Erste-Bank-Aktien verkauft oder ein Ostdeal der Raiffeisen International zusammenbricht.

"Was werden nur die Nachbarn sagen?" - diese typische kleinbürgerliche Sorge steht den selbstbewussten österreichischen Großbanken nicht gut zu Gesicht. Besser wäre es, sie würden dem Ausschuss möglichst wenig Beachtung schenken, danach aber selbst für eine Verbesserung ihrer Aufsicht sorgen. Die Banken haben das in der Hand, denn der FMA fehlt es an Geld, und dieses kommt zum Großteil von der Kreditwirtschaft.

Eine Aufstockung des FMA-Budgets wäre gut investiertes Geld. Damit könnten sich die Banken nicht nur Skandale, sondern auch deren politische Ausschlachtung ersparen. (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.11.2006)