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Rapid-Sportdirektor Peter Schöttel stellte sich nach dem Spiel Rapid vs Pasching den Fans der Westtribüne. Wenig später verkündete er seinen Rücktritt.

Foto: APA/ Fohringer
Wien - Der österreichische Fußball-Rekordmeister SK Rapid versinkt immer tiefer in einer veritablen Krise. Nach dem 1:1 am Samstag gegen Superfund Pasching liegen die seit mittlerweile sechs Partien sieglosen Hütteldorfer nur dank der höheren Anzahl an geschossenen Toren vor Schlusslicht Austria, was zunächst einen Platzsturm von einigen hundert Fans und daraufhin den Rückzug von Sportdirektor Peter Schöttel bis spätestens Jahresende zur Folge hatte.

27 Jahre bei Rapid

Das Verhalten diverser Anhänger veranlasste Schöttel laut eigener Aussage dazu, seinen Abschied schon am Samstag bekannt zu geben - festgestanden sei diese Entscheidung allerdings schon vor Wochen. "Ich habe immer gesagt, dass ich das nicht mein Leben lang machen werde. Es sollte auch für mich noch etwas anderes geben als Rapid", sagte der 39-jährige Wiener, der den Grün-Weißen nach 27 Jahren den Rücken kehrt.

Der frühere Teamspieler besitzt neben der Fußball-Management-Ausbildung auch die Trainerlizenz und ließ anklingen, dass er künftig in die Trainerrolle schlüpfen könnte. "Ich möchte in Zukunft in einer Position arbeiten, in der ich ein bisschen mehr beeinflussen kann", erklärte Schöttel und erinnerte sich an Verhandlungen mit Spielern und Managern, "wo ich geglaubt habe, ich bin im falschen Film".

Meinungsverschiedenheiten

Ähnliche Gedanken gingen dem früheren Verteidiger wohl durch den Kopf, als er am Samstag nach Spielschluss erfolglos versuchte, aufgebrachte Fans zu beruhigen. Davor waren die Anhänger auf der West- und Ost-Tribüne in Anlehnung an 31 Meistertitel ihren Plätzen 31 Minuten lang ferngeblieben und ernteten bei ihrer Rückkehr ein gellendes Pfeifkonzert und "Wir sind Rapid - und wer seid ihr?"-Sprechchöre. "Ich sehe die Gefahr, dass wir auseinanderdriften", kommentierte Schöttel die offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten diverser Anhänger-Gruppen und kritisierte das Verhalten von Hardcore-Fans. "Einige Fan-Gruppen nehmen sich zu wichtig."

Schöttels Schlichtungsversuche quittierten die Platzstürmer mit Rufen nach Hans Krankl - eine offene Provokation, hatte der Jahrhundert-Rapidler in seinen Kolumnen in der Tageszeitung "Österreich" den Rapid-Rekordspieler doch des Öfteren hart kritisiert und damit zu dessen Abgang beigetragen. Der scheidende Sportdirektor ("Mein Rückzug hat auch mit Stolz und Selbstachtung zu tun") sprach im Zusammenhang mit dem Verhalten des Ex-Teamchefs von "unterster Schublade".

Zündler Krankl

Krankl hat laut Schöttel nicht nur Anteil an den Differenzen innerhalb der Fan-Gruppierungen ("Es ist gefährlich, zu zündeln. Wir sind jetzt dort, dass es brennt"), sondern auch an den Anfeindungen gegen seine Person. "Da ist sehr viel gegen mich persönlich passiert, und das ist nicht das, was mich interessiert", betonte der 39-Jährige, der den Hut nimmt, "bevor mich einer niederschlägt". Krankl, der sich noch bis Dienstag in Barcelona befindet, wollte zur aktuellen Situation bei Rapid vorerst keine Stellungnahme abgeben.

Dass sein Abgang gerade seinem Widersacher in die Hände spielen könnte, kommentierte Schöttel mit einem Schulterzucken. "Das wird der eine oder andere so sehen, im Moment ist mir das aber wurscht", behauptete der Wiener, der von Krankl vor allem wegen seiner Personalpolitik kritisiert worden war - der 39-Jährige steht aber weiterhin hinter dem aktuellen Kader. "Es gibt von mir keinerlei Wegschieben der Verantwortung für Spielertransfers. Ich bin nach wie vor von der Qualität jedes einzelnen Spielers überzeugt, es hat halt bisher nicht zusammengepasst."

Rapid-Präsident Rudolf Edlinger bedauerte den Abschied seines Sportdirektors und wies darauf hin, dass Schöttel in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Trainer nicht nur den aktuellen, sondern auch den Meister- und Champions-League-Kader des Vorjahres zusammengestellt hatte. "Wenn ihm von mancher Seite eine Teil- oder Hauptschuld an der aktuellen Situation gegeben wird, muss man ihm auch eine Teil- oder Hauptschuld am Meistertitel geben", forderte der frühere Finanzminister.

Absage an Krankl

Da Edlinger der Rückzug von Schöttel seit längerer Zeit bekannt war, habe es bereits "Sondierungsgespräche" mit Nachfolge-Kandidaten gegeben. Sobald der neue Sportdirektor feststeht (wohl bis Anfang Dezember), wird Schöttel seinen Posten räumen - von Krankl wird der Rapid-Rekordspieler (524 Pflichtspiele) aber offensichtlich nicht beerbt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Krankl diesen Posten auf Grund seiner Qualifikation bewältigen könnte", meinte der Klub-Präsident.

Der neue Sportdirektor müsse nicht unbedingt eine Rapid-Vergangenheit vorweisen können. "Das ist nicht das 'prioritärste' Ziel. Rapid-Vergangenheit allein ist zu wenig", sagte Edlinger.

Kranjcar im Gespräch

Ein möglicher Nachfolger von Schöttel könnte der ehemalige Rapidspieler aus Kroatien, Zlatko Kranjcar sein, der aber laut kroatischem "Sportnet" ein Angebot vom dortigen Erstligaklub NK Osijek vorliegen hat. Kranjcar hatte als Teamchef Kroatien zur WM-Endrunde in Deutschland geführt. Nach dem Ausscheiden in der Vorrunde wurde er aber durch Slaven Bilic ersetzt.

Adaptierungen

Auf den neuen Sportdirektor kommt einiges an Arbeit zu. Zum einen laufen sieben Verträge aus (Martin Hiden dürfte allerdings schon in den kommenden Tagen verlängern), zum anderen gilt es, die Mannschaft bereits im Winter zu verstärken. "Wir werden sicher versuchen, die Mannschaft an einigen Positionen zu adaptieren", kündigte der Klub-Boss an.

Edlinger begrüßte das Verhalten jener Anhänger, die sich gegen die Boykott-Aktion der Fans auf der Ost- und West-Tribüne stellten. "Ich bin sehr froh, dass sich ein großer Teil der Fans dagegen gesträubt hat." Der 66-Jährige, der in rund einem Jahr wieder als Rapid-Präsident kandidieren will, betonte auch die Problematik von Fan-Ausschreitungen in punkto Budgeterstellung. "Wenn solche Dinge passieren, ist es schwierig, Sponsoren bei der Stange zu halten. Hier wird einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten sein", erläuterte Edlinger mit Blick auf den knapp einstündigen Platzsturm. (APA/red)