Wien - Nach monatelangem Hick-Hack und mehreren Terminen vor österreichischen und deutschen Richtern haben die Fernsehsender Premiere, ATV und ORF einen Kompromiss über die Berichterstattung der österreichischen Bundesliga im Free-TV gefunden: Der Rechteinhaber Premiere und der bisherige Partner ATV haben alle wechselseitigen Klagen zurückgezogen und den für Mittwoch angesetzten Termin vor dem Münchner Landgericht abgesagt. Der Vertrag mit ATV wurde aufgelöst - ab kommenden Freitag nimmt der ORF die Berichterstattung wieder auf.

Die bisherigen Streithähne zeigten sich am Mittwoch höchst zufrieden: "Ich bin froh über die Tatsache, dass es rasch zu einer rechtssicheren, sofort wirksamen und klaren Lösung im Sinne der Zuseher und des österreichischen Fußballs gekommen ist", kommentierte der designierte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz den Deal in einer Aussendung. Georg Kofler, Vorstandsvorsitzender der Premiere AG, freute sich ebenfalls: "Premiere und ATV haben eine konstruktive Lösung im Sinne der Fans und des österreichischen Fußballs gefunden. Wir sind mit der außergerichtlichen Einigung in jeder Hinsicht zufrieden."

ATV, das am (heutigen) Mittwochabend zum vorläufig letzten Mal ausführlich von der österreichischen Bundesliga berichtet, kündigte bereits erneutes Interesse an den heimischen Ligen an - allerdings erst in der kommenden Saison. Auch der ORF betonte sein Interesse an Übertragungsrechten für die anstehenden Spielsaisonen. Für die Rechte an der laufenden Saison soll der ORF an Premiere übrigens kolportierte fünf Millionen Euro bezahlen.

In der Nacht von Freitag auf Samstag wird ORF 2 um 0:20 Uhr die Berichterstattung wieder aufnehmen und die Highlights der Spiele der Red Zac Ersten Liga bringen. Am Samstag geht es um 22:15 Uhr in ORF 1 mit Kurzberichten über die Spiele der T-Mobile-Bundesliga weiter. Ausführliche Berichte der Samstagsspiele sowie Hintergrundanalysen und Interviews gibt es am Sonntag im Anschluss an das Topspiel der T-Mobile-Bundesliga auf ORF 1. Bei "englischen Wochen" wird das jeweilige Dienstagsspiel live und parallel bei Premiere und ORF übertragen. Die Zusammenfassungen des Hauptspieltages am Mittwoch werden vom ORF ab 22:00 Uhr ausgestrahlt, teilte Premiere mit.

Dass der Pay-TV-Sender den ORF als Partner bevorzugt, war spätestens seit jener Hau-Ruck-Aktion Mitte Oktober offensichtlich, als Premiere den bestehenden Sublizenz-Vertrag mit ATV gekündigt und die Übertragungsrechte an den ORF vergeben hatte. Begründet wurde dies mit noch ausständigen Zahlungen seitens ATV - laut "Kurier" handelt es sich dabei mit Stand 31. Oktober um mehr als 2,2 Millionen Euro.

Mit Hilfe einer Einstweiligen Verfügung vom 20. Oktober machte ATV dem Plan des Pay-TV-Senders allerdings einen Strich durch die Rechnung, verhinderte den Wechsel zum ORF und sicherte sich - zumindest vorübergehend - das Recht, weiter über die zwei höchsten Spielklassen zu berichten. Premiere legte daraufhin gegen die von der Ersten Kammer für Handelssachen erlassene Einstweilige Verfügung Widerspruch ein. Dieser Widerspruch stand am Mittwoch auf dem Tagesprogramm des Landgerichts München I - die außergerichtliche Einigung machte den Termin hinfällig.

Mit dem Übereinkommen, das laut ATV vor allem den konstruktiven Gesprächen der Senderchefs Herbert Kloiber, Kofler und Wrabetz zu verdanken ist, ist ein lang anhaltender Rechtsstreit beigelegt worden, der neben dem Münchner Landgericht auf den hiesigen Verfassungsgerichtshof auf Trab gehalten hatte. Hintergrund des Konflikts war vor allem ein Urteil des Bundeskommunikationssenats vom Februar, demzufolge dem ORF Übertragungsrechte von 90 Sekunden pro Spiel zugesprochen wurden.

ATV sah dadurch eine Entwertung der eigenen erworbenen Senderechte gegeben und zahlte nur noch einen Teilbetrag der vertraglich an Premiere versprochenen Lizenz. Mit heute sind laut ATV alle Klagen zurückgezogen. Über Details der Vereinbarung zwischen den Parteien sowie etwaige Nebenabsprachen des Deals wurde Stillschweigen vereinbart. Darüber, ob dem österreichischen Privatsender seine laut Premiere ausständigen Zahlungen nun erlassen wurden, wollte Premiere ebenfalls keine Auskünfte geben.(APA)